Publiziert am 27. Juni 2013 von Martin Schnidrig

Wie man ein Bild aufhängt

Das Werk hat schon einiges hinter sich: es hat in einer engen Transportkiste eine weite Strecke zurückgelegt und musste den prüfenden Blicken der Restauratorinnen standhalten. Aber jetzt ist es an seinem Ort und lehnt an der Wand. Nur noch etwas tief unten.

So geht es zumindest normalerweise. In diesem Fall war alles etwas einfacher, denn das Werk, das wir heute aufhängen, gehört der Adolf Wölfli-Stiftung und diese ist seit ihrer Gründung 1975 im Kunstmuseum Bern zuhause. Der Weg vom Depot in den Ausstellungsraum ist deshalb ein kurzer. Das Bild muss nun nur noch an die Wand.

Bevor wir die Bohrmaschine zur Hand nehmen, müssen wir rechnen. Bilder sollen in einer für den Betrachter angenehmen Höhe aufgehängt sein. Man soll ins Bild hineinschauen können und dafür hat sich die Bildmitte auf 1.5 Metern als guter Richtwert bewährt.

  1. Messen und rechnen
    Wir benötigen zwei Zahlen: den Abstand der beiden Ringschrauben auf der Rückseite des Bildes und die Höhe der Aufhängung ab Boden gemessen. Letztere berechnen mithilfe der erwähnten 1.5 Metern.
  2. Bohrlöcher einzeichnen
    Die Bohrlöcher zeichnen wir mit Bleistift an der Wand ein. Zuerst berücksichtigen wir dabei nur die Höhe und den Abstand zwischen den beiden Löchern. Erst nachher korrigieren wir mit der Wasserwaage.
bohrer

Fertig gerechnet.

Um einen passenden Bohrer aussuchen zu können, müssen wir uns die Wand genauer ansehen. Viele Wände im Kunstmuseum Bern bestehen aus Sandputz. Hier greifen Schrauben nur wenig und deshalb setzen wir einen Dübel ein. In unserem Fall wählen wir einen 6er-Dübel und deshalb auch einen 6er-Borer. Bei Wänden, in denen die Schraube auch ohne Dübel genug greift, können wir einen kleineren Borer verwenden: für eine 6er-Schraube zum Beispiel einen 4.5er-Borer.

  1. Bohren
    Wir bohren zwei Löcher und drehen zwei Winkelschrauben hinein.
  2. Aufhängen
    Jetzt können wir das Bild an seinen Platz hängen.

(Damit das Bild auch an seinem Ort bleibt, sichern wir es zusätzlich mechanisch. Hier hat jedes Museum eine eigene Technik und wir wollen unsere hier nicht offenlegen. Schliesslich ist das Teil des Diebstahlschutzes.)

Etwas Letztes steht noch an: Das Bild soll nicht nur horizontal gerade stehen, sondern auch parallel zur Wand. Vor allem wenn sich mehrere Bilder im selben Raum befinden und mit verschiedenen Winkeln an der Wand hängen, sieht das sonst einfach schlecht aus. Zudem ist es einfacher, ein gerade hängendes Bild richtig auszuleuchten. Wir unterlegen deshalb hinten, an der unteren Bildkante zwei Zapfen. Sobald das Bild gerade steht, sind wir fertig. Und das nächste Werk ist an der Reihe.

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Adolf Wölfli: Der heilige Skt.Adolf in Skt.Anna=Heim a.d.Aare: Bern (1915), Adolf-Wölfli-Stiftung, Kunstmuseum Bern.

Interview: Christian Schnellmann

Veröffentlicht unter Blick hinter die Kulissen
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Martin Schnidrig

Arbeitet seit 2005 als Museumstechniker im Kunstmuseum Bern. Er betreut die Sammlungs-Bestände und Präsentationen im Bereich Gemälde und Skulptur, den Leihverkehr derselben sowie die Lagerung und Verpackung im Depot.

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