Publiziert am 16. August 2013 von Kathleen Bühler

Was hat die Kunst zum Mann zu sagen?

Am 17. Oktober, um 18h30 öffnet die thematische Gruppenausstellung «Das schwache Geschlecht. Neue Mannsbilder in der Kunst» im Kunstmuseum Bern ihre Tore. Während mittlerweile die rund fünfzig Texte für den Katalog geschrieben, die über vierzig zum Teil sehr grossformatigen Werke ausgeliehen sowie der Transport aus dem In- und Ausland organisiert worden sind, heisst es, den Ausstellungsaufbau detailliert zu planen und sich dabei Gedanken zur publizistischen Begleitung der Ausstellung zu machen. Was die grundsätzliche publizistische Verortung der Ausstellung betrifft, wurde diese natürlich längst gemacht und kann man erste Informationen auf unserer Website nachlesen. Denn das Kunstmuseum Bern hat immer wieder Ausstellungen zu übergeordneten kulturellen Fragestellungen organisiert, wie etwa «Six Feet Under. Autopsie unseres Umgangs mit Toten» (2006/7), «Ego Documents. Das Autobiografische in der Gegenwartskunst» (2008/9), «Lust und Laster. Die 7 Todsünden von Dürer bis Nauman» (2010/11) und «Dislocación. Kulturelle Verortung in Zeiten der Globalisierung» (2011).

Solche Themen greift das Kunstmuseum Bern auf, weil es die Kunst auch als Spiegel ihrer Zeit versteht und mit der Gegenwartskunst der Gesellschaft quasi Temperatur fühlt. Denn Künstler und Künstlerinnen sind genauso Zeitgenoss/innen wie Sie und ich, werden von den gleichen Sorgen, Ängsten und Nöten geplagt und unterliegen denselben Einflüssen durch Politik, Medien und Wirtschaft. Doch haben sie andere Ausdrucksmittel, um ihr Lebensgefühl in Bilder, Videos, Skulpturen oder Texte zu fassen. Und dort wird es spannend für uns. Denn mit diesen unkonventionellen Darstellungsmöglichkeiten können auch unerwartete Aspekte eines uns alle betreffenden Themas zum Vorschein kommen.

Pascal  Häusermann Megalomania, Nr. 8, 2009 Monotypie, Ölfarbe, Schellack 43 x 29 cm Privatbesitz Courtesy the artist

Pascal Häusermann, Megalomania, Nr. 8 (Ausschnitt), 2009, Monotypie, Ölfarbe, Schellack, 43 x 29 cm, Privatbesitz, Courtesy the artist.

Dennoch kann man sich grundsätzlich fragen, inwiefern die Kunst Auskunft über heutige Männer oder aktuelle Männlichkeitsvorstellungen geben kann? Sie produziert ja keine Werbung in der attraktive männliche Vorbilder propagiert werden würden, die man dann analysieren könnte. Doch sind Künstler und Künstlerinnen nicht wie Werbeleute einem Produkt, das sie verkaufen wollen, verpflichtet. Man kann also davon ausgehen, dass sie, wenn sie Kunstwerke produzieren, die das Mannsein thematisieren, dies auf sehr subjektive Weise tun und dafür zu Mitteln greifen, die von gängigen Werbebildern abweichen oder diese gekonnt karikieren. Das gibt uns dann wieder Aufschluss darüber, welche Werbebilder in unseren Köpfen verankert werden sollen und lädt ein, über die Gründe dafür zu sinnieren. Einige Werke in der Ausstellung spielen bewusst mit Werbebildern und lassen diese mit anderen visuellen Botschaften kollidieren. So kombiniert Pascal Häusermann beispielsweise Ausschnitte aus Werbekampagnen von Luxusprodukten mit den Holzschnitten der Apokalypse von Albrecht Dürer (1471–1528) (Abb.). Er zeigt also im selben Bild den Konsumwahn und die christliche Ankündigung des Weltunterganges, der u.a. eine Bestrafung von geistlosem Materialismus darstellt. Damit distanziert sich Pascal Häusermann von einer Sichtweise, welche im Mann nur den erfolgreichen und gut verdienenden Konsumenten von Luxusartikeln sehen will. Denn diese Serie von 16 übermalten Monotypien entstand 2009 kurz nach der ersten globalen Banken- und Wirtschaftskrise von 2008, einer Zeit also, in der das Trugbild, des erfolgreichen „Machers“, der bisher so überzeugend von Bankern verkörpert worden war, nachhaltig erschüttert wurde.

Veröffentlicht unter Blick hinter die Kulissen
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Autor

Kathleen Bühler

Kathleen Bühler, Kuratorin und seit 2008 Leiterin der Abteilung Gegenwartskunst am Kunstmuseum Bern. Sie kuratierte unter anderem die Ausstellungen «Merets Funken» (2012), «Das schwache Geschlecht. Neue Mannsbilder in der Kunst» (2013/14) und «Chinese Whispers» (2016).

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