Publiziert am 23. Juli 2015 von Isabelle Fehlmann

Von der Suche nach photographischen Kostbarkeiten …

Am 27. August eröffnet im Kunstmuseum Bern die Ausstellung „Toulouse-Lautrec und die Photographie“. Es sind nur noch wenige Wochen bis zur Vernissage – Wochen, in denen es final umzusetzen gilt, woran wir in den vergangenen Monaten intensiv gearbeitet haben. Wie es der Titel verspricht, stellt die Ausstellung das Œuvre des berühmten Franzosen in den Kontext der Photographie seiner Zeit. Ein weiteres Kernthema ist, wie die damals neusten Aufnahmetechniken Henri de Toulouse-Lautrec ermöglichten, seine eigene Person vor der Linse zu inszenieren.

Die Suche nach den Photographien forderte Beharrlichkeit und manchmal fast detektivisches Gespür, war aber auch ungemein spannend. Sie führte den Kurator der Ausstellung, Rudolf Koella, und mich nach Albi, ein malerisches Städtchen am Tarn, in dem Lautrec in eine der reichsten und ältesten Adelsfamilien Südfrankreichs geboren wurde. Ausgangspunkt der Nachforschungen waren neben dem Musée Toulouse-Lautrec auch das Château du Bosc. In dem Schloss verbrachte Lautrec einen grossen Teil seiner Jugend. Und es befindet sich noch immer in Familienbesitz.

Die heutige Schlossherrin ist Comtesse Nicole Tapié de Céleyran, eine Verwandte Lautrecs, die es sich trotz ihres stolzen Alters nicht nehmen lässt – es gegenüber ihrer Familie gar als Pflicht ansieht – 7 Tage die Woche, 365 Tage im Jahr, Führungen anzubieten. Die zierliche Frau weiss unglaublich viel über die Familiengeschichte und auch über Henri, wie sie den Künstler liebevoll nennt. So wie die eingefangenen Momentaufnahmen der alten Photographien mit einer bestechenden Unmittelbarkeit die Phantasie anzuregen vermögen, so erwachten mit den Worten der erfahrenen Führerin die Geschichten von Lautrecs Aufenthalten im Château du Bosc zu neuem Leben. Die Gräfin war für das Ausstellungsprojekt zu begeistern und half bei der Klärung noch offener Fragen zum Leben des Künstlers. Zudem vermittelte sie uns zu weiteren in der Gegend lebenden Mitgliedliedern der grossen Familie. Auch diese Kontakte erwiesen sich als wertvolle Fährten, die der Ausstellung zu der einen und anderen photographischen „Kostbarkeit“ verhelfen sollten.

Unbekannter Photograph Familienmitglieder mit ihren Fahrrädern vor dem Château du Bosc, um 1890 Originalabzug, 12,5 x 17,7 cm Privatsammlung

Unbekannter Photograph. Familienmitglieder mit ihren Fahrrädern vor dem Château du Bosc, um 1890. Originalabzug, 12,5 x 17,7 cm, Privatsammlung

Der zweite Ausgangspunkt für die Recherche war Paris: Lautrec liess sich 1882 am Montmartre nieder, um hier seine künstlerische Laufbahn zu beginnen und bald darauf auch den verführerischen Reizen der Cabarets, Bars und Bordellen des berüchtigten Quartiers zu verfallen.

In den ehrwürdigen Hallen der alten Pariser Bibliotheken durchforsteten wir Bestände und sichteten die Archive verschiedener Museen der französischen Metropole. Geordnet nach Schlagworten wie Montmartre, Moulin Rouge, Atelier Cormon zogen zahlreiche Photographien an unseren Augen vorbei – manch bezaubernde Schwarzweissaufnahme des Pariser Fin de Siècle erweckte meine Neugier und ich sinnierte über die Geschichten dieser oder jener abgelichteten Person. Fanden wir eine spezifisch gesuchte Photographie, kam es immer ein wenig dem Gefühl gleich, einen Schatz gefunden zu haben. Und fanden wir eine uns bis dahin noch unbekannte Aufnahme zum Ausstellungsthema, war die Freude umso grösser.

Wie erwähnt, bis zur Vernissage sind es noch einige wenige Wochen, eine arbeitsame Zeit liegt vor uns, aber auch eine voller Vorfreude. Und dann am 27. August dürfen wir die Tore der Ausstellung öffnen und die Faszination und den Zauber, den die historischen Photographien im Zusammenspiel mit Lautrecs Werken entfalten, auf das Publikum des Kunstmuseums Bern wirken lassen.

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Isabelle Fehlmann

Isabelle Fehlmann arbeitet als Wissenschaftliche Mitarbeiterin für die Ausstellung „Toulouse-Lautrec und die Photographie“ im Kunstmuseum Bern.

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