Publiziert am 27. März 2020 von Martina Witschi

Kunstmuseum Bern im Lockdown – Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit im Homeoffice

Quarantäne [karanˈtɛːnə]: Naja, eine Quarantäne im engsten Sinn ist unsere momentane Situation ja nicht wirklich. Wir dürfen glücklicherweise noch immer das Haus verlassen, um Einkäufe zu erledigen, um zu spazieren oder zu joggen.

Nach etwas mehr als einer Woche habe ich mich ganz komfortabel im Homeoffice in Biel eingerichtet, wo ich mit meinem Partner wohne. Wir sind (zum Glück) zu zweit und haben (auch zum Glück) genug Platz für räumlich getrennte Arbeitsplätze, sonst würde das mit den vielen Telefonaten und Skype-Sitzungen wohl schwierig.

Den Tag starten wir mit einem Kaffee und einem gemeinsamen Frühstück. Der Bäcker auf der anderen Strassenseite hat nach wie vor geöffnet – ein Luxus, den wir jetzt umso mehr schätzen. Danach zieht sich jeder bis zum Mittagessen vor seinen Laptop zurück. Da beginnt die Herausforderung: Eine Abteilung, in der so viel über den persönlichen Kontakt, über den raschen Austausch mit Teamkollegen, Arbeitskollegen aus anderen Abteilungen und Aussenstehenden funktioniert, muss sich in einer solchen Situation erst einmal neu finden. So kommt es mir jedenfalls vor. Hinzu kommt, dass wir darüber kommunizieren, was in unseren Häusern passiert (im Moment wären dies unter anderem die eindrücklichen Ausstellungen El Anatsui. Triumphant Scale und Lee Krasner. Living Colour), was im Kunstmuseum Bern und im Zentrum Paul Klee gesehen und erlebt werden kann. Doch was tun, wenn eben nichts mehr passiert?

Wir versuchen, wie das die grosse Mehrheit der Menschen momentan tut, uns anders zu organisieren. Wir befinden uns ja im komfortablen 21. Jahrhundert, in dem wir uns trotz physical distancing via Email, Skype, Whatsapp oder ganz einfach per Telefon verbinden können. Und siehe da, trotz Lockdown und geschlossenen Museen gibt es einiges zu tun: Zuallererst mussten die Autoren und Moderatoren über die Verschiebung der Veranstaltungen im Zentrum Paul Klee informiert werden. Die Reaktionen waren durchwegs verständnisvoll und positiv. Umso schöner, wenn man bedenkt, dass insbesondere Autoren auf solche Lesungen angewiesen sind. Ich glaube, das ist einer der wenigen positiven Aspekte dieser Situation: es zeigt sich, wie viel Verständnis für einander und wie viel Solidarität gegenüber anderen Menschen doch noch vorhanden sind. Und auch, wie kreativ viele werden. Ich sehe, wie kleine Bieler Restaurants ihre fertig gekochten Menus vakuumieren und einen Heimlieferservice starten, wie Rotterdams Philharmonisch Orkest weiterhin gemeinsam musiziert (es lohnt sich!), wie Nachbarschaftshilfegruppen gebildet werden, wie das Musée d’Orsay seine Follower dazu aufruft, bekannte Gemälde nachzustellen und wie dies auf vielfältigste und humorvolle Art und Weise getan wird.

Auch wir wollen virtuelle Zugänge zu unseren Museen schaffen: Momentan übersetze ich Untertitel für unsere digitalen Führungen durch die El Anatsui-Ausstellung, transkribiere Texte für das Digitorial zu unserer Jubiläumsausstellung Mapping Klee, zerbreche mit den Kopf über diesen Blogbeitrag. Vom Tagesgeschäft ist nicht allzu viel übriggeblieben: Ich beantworte die spärlich gewordenen Medienanfragen. Und doch merke ich, dass die Schwierigkeit nicht darin besteht, sich Arbeit zu beschaffen. Es gibt nebst diesen ganz aktuellen und akuten Aufgaben vieles, worüber momentan nachgedacht werden, und zu dem für die Zukunft Konzepte erarbeitet werden können. Dinge, für die wir während des normalen Betriebs selten Zeit finden. Wir überlegen uns also via Email, Whatsapp, Skype, welche Kommunikationsmassnamen wir für die kommenden Ausstellungen realisieren möchten. Welche Menschen könnten sich besonders für ein Thema interessieren? Wie erreichen wir sie am besten? Gibt es Zeitschriften, Magazine, Blogs, für die unsere Ausstellungen besonders interessant sein könnten? Insbesondere im Bereich der neuen Medien sehen wir noch viel Potenzial. Wir lesen uns ausführlicher in die Ausstellungsthemen ein, wir erweitern und diversifizieren unsere Medienverteiler, lassen uns online in der Handhabung unseres Media-Monitoring-Tools schulen (inkl. shared desk – ich bin immer wieder erstaunt, welche schier unbegrenzten Möglichkeiten sich digital bieten). Wir schreiben Zeitpläne, Konzepte und Textbausteine. Dazwischen spaziere ich immer mal wieder durch die Wohnung, es denkt sich manchmal besser, wenn ich mich bewege oder mich zwischenzeitlich an einen anderen Ort setze. Gleichzeitig muss ich aufpassen, dass ich mich nicht ablenken lasse: es lauern gute Bücher, Noten zu Beethovens 7. Sinfonie, schmutzige Fenster.

Am Ende des Arbeitstages klappe ich den Laptop zu. Es fällt mir noch immer nicht ganz leicht, Arbeit und Freizeit zu trennen. Es fehlen die physische Distanz, der Arbeitsweg und auch die Möglichkeit, sich in der Freizeit wirklich frei zu bewegen. Oft drehe ich auch beim Abendessen (ein weiteres Plus, das ich der Situation abgewinnen kann: wir nehmen uns viel mehr Zeit, um zu kochen, und haben sogar unsere Kochbücher wieder aus der Schublade geholt) noch irgendwelche Aufgaben, Formulierungen und die Planung des nächsten Tages in meinen Gedanken hin und her. Da hilft es, nach getaner Arbeit an die frische Luft zu gehen, die blühenden Bäume zu bestaunen und den Wasservögeln auf dem Bielersee zuzuschauen. Fast täglich telefoniere ich mit meinen Liebsten, von denen ich im Moment die meisten leider nicht sehe. Aber wie sagt man so schön: Vorfreude ist die schönste Freude, und irgendwann (hoffentlich bald, und umso schneller, wenn wir uns alle wirklich an die Massnahmen des Bundes halten!) werden wir uns auch im echten Leben wieder in die Arme schliessen können.

Veröffentlicht unter Allgemein, Blick hinter die Kulissen
Schlagwörter: ,

Autor

Martina Witschi

Martina Witschi hat Germanistik und Anglistik studiert und ist Volontärin Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit im Kunstmuseum Bern und Zentrum Paul Klee.

Kommentare

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Bitte füllen Sie alle Felder aus.

Time limit is exhausted. Please reload the CAPTCHA.

Keine Kommentare