Publiziert am 17. Oktober 2014 von Magdalena Schindler

Generationen im Museum

Die soeben erschienene Publikation «Auf Augenhöhe» dokumentiert die Pilotphase des Projekts «GiM – Generationen im Museum», an dem sich das Kunstmuseum Bern als eines von 30 Museen der Deutschschweiz beteiligt hat. An einem Nachmittag im Mai trafen sich Besucherinnen und Besucher zwischen 9 und 84 Jahren im Kunstmuseum, um gemeinsam Geschichten zur Kunst zu erfinden.

Für einmal war es keine Schulklasse und auch kein Kunstclub, den ich als Kunstvermittlerin als Zielpublikum anvisierte, sondern eine altersmässig bunt gemischte Gruppe. Mit der Zusage, sich an dem vom Migros-Kulturprozent initiierten Projekt «Generationen im Museum» zu beteiligen, galt es gewisse Vorgaben einzuhalten. Jeweils zu zweit sollte die Anmeldung erfolgen, egal ob mit der Nachbarin, dem Götti, einem Arbeitskollegen oder einer Nichte, entscheidend war, dass der Altersabstand mindestens 15 Jahre betrug. Aufgabe war es, gemeinsam ein ausgestelltes Kunstwerk auszuwählen, eine Geschichte dazu zu erfinden und diese den anderen zu erzählen und allenfalls schriftlich oder zeichnerisch festzuhalten. Für das Kunstmuseum bot sich die Ausstellung «Sesam öffne dich!» an, in der sich die Teilnehmenden von den Gemälden Biélers und Ankers, Hodlers und Kollers angesprochen fühlten. Sieben originelle Geschichten sind dabei herausgekommen, die sich alle online nachlesen lassen.

Die vorgegebene Versuchsanordnung, terminiert auf zwei Stunden samt Zvieri, gab so viel Struktur wie nötig und so viel Gestaltungsfreiraum wie möglich und erwies sich als sehr stimmig. Sie setzte dort an, wo aktive Teilnahme gefragt ist und es kein richtig oder falsch gibt. Spielerisch ermöglichte das Geschichtenerfinden den Dialog mit der Kunst und innerhalb der Generationen. Eigene Assoziationen und Ideen hatten den Vorrang vor kunsthistorischem Wissen, welches bei Bedarf ergänzend von unserer Seite beigesteuert wurde. Als Kunstvermittlerin war ich dabei nicht die Besserwisserin, sondern Moderatorin und Gastgeberin – eine erfrischende Erfahrung, die in Einklang stand mit dem gleichberechtigten, vergnüglichen Miteinander der unterschiedlichen Generationen an diesem Nachmittag.

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Elena und Heinz denken sich im Kunstmuseum Bern aus, was Albert Ankers «Mädchen, die Haare flechtend» durch den Kopf geht. Foto: Thomas Kern

Die soeben erschienene Publikation «Auf Augenhöhe – GiM Generationen im Museum» (hrsg. von Franziska Dürr Reinhard im Auftrag des Migros-Kulturprozent, Verlag Hier und Jetzt, Baden 2014, CHF 29), dokumentiert den Pilot-Jahrgang des Projektes und lädt mit je einer Geschichte pro Museum zu einer Reise durch die Museumslandschaft und Bevölkerung der Deutschschweiz ein. Von Tafers über Bern (4 Museen in der Stadt, 2 im Kanton) und Zürich bis zum Bodensee, von grossen Kunsthäusern bis zu kleinen Ortsmuseen reicht das Spektrum der beteiligten Institutionen. Ergänzende Essays  sind unter anderem der Generationenfrage oder der Zukunft des Museums als Bildungsstätte gewidmet. Ein Fazit daraus ist etwa, dass Museen als Orte, wo Objekte aus verschiedenen Epochen aufeinander und auf die Blicke von heute treffen, eigentlich prädestiniert sind als Rahmen für die Reflexion von zeit- und alterspezifischen Sichtweisen der Welt, wie sie intergenerative Anlässe in der Art von GiM ermöglichen.

Buchvernissage im Alpinen Museum der Schweiz in Bern am 30. Oktober 2014, 18 bis 20 Uhr, mit Hans Ulrich Glarner (Leiter Amt für Kultur des Kantons Bern), Beat Hächler (Direktor Alpines Museum), Lucia Reinert (Vermittlung Alpines Museum).

Mehr zum Buch auf www.generationen-im-museum.ch

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Magdalena Schindler

Magdalena Schindler ist seit 2012 Kunstvermittlerin am Kunstmuseum Bern und zuständig für das Angebot an Führungen und Workshops für Erwachsene. Zuvor war sie unter anderem als Kulturjournalistin tätig.

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