Publiziert am 6. September 2013 von Kathleen Bühler

Eine Ausstellung «für», «gegen», «mit» oder «über» Männer?

Als eine Arbeitskollegin von mir kürzlich zuhause von unserer Ausstellung erzählte, meinte Ihr Lebenspartner „ach, ja, diese Ausstellung gegen Männer“. Diesem Eindruck möchten wir natürlich schon im Vorfeld etwas entgegenhalten und Euch einladen, Euch selbst eine Meinung zu bilden.

Wenn wir schon gesellschaftliche Themen anpacken, wäre es natürlich schön „die Gesellschaft“ käme auch, um darüber zu diskutieren … Doch verstehe ich, dass dieser Eindruck entstehen konnte. Denn, wann wurden Männer als soziale Gruppe schon je in einer Ausstellung thematisiert? Gefühlte niemals, oder? Und alleine der Umstand, dass das jetzt passiert – zumal unter dem Aspekt „Das schwache Geschlecht“ –, kann als leise oder laute Kritik verstanden werden. Dabei verstehen wir hier im Kunstmuseum Bern die „Schwäche“ längstens als „Stärke“ – bzw. finden wir, sind sowieso ständig Umwertungen im Gange und für jeden und jede individuell vorzunehmen. Doch das müsst Ihr selbst entscheiden, ob Ihr das auch so sehen wollt. Am liebsten in einer unserer Veranstaltungen. Obwohl wir hier die Fachleute für Kunst und nicht für Gesellschaftsfragen sind, möchten wir mit Euch diskutieren und haben weitere Menschen dazu eingeladen, die Kunstwerke und die Ausstellung als Anlass zu nehmen, über Eigenes oder Grundsätzliches zu reden. Unser Rahmenprogramm ist für einmal gespickt mit Menschen, die eine dezidierte Meinung zum Thema oder einschlägige Erfahrung damit haben.

Sarah Lucas, Summer, 1998, aus der Serie Self-Portraits 1990–1998, Irisprint, 80 x 60 cm Ed. 52/100, Copyright: The Artist, courtesy Sadie Coles HQ, London.

Sarah Lucas, Summer, 1998, aus der Serie Self-Portraits 1990–1998, Irisprint, 80 x 60 cm
Ed. 52/100, Copyright: The Artist, courtesy Sadie Coles HQ, London.

Da ich ja als Kuratorin die Ausstellung zusammen mit meinen vielen Kolleginnen und Kollegen organisierte, tauchte früh die Befürchtung auf, dass meine Sicht einseitig sein könnte. (Unter uns: Wann war das je eine Befürchtung bei Ausstellungen über allgemeine Themen, die von einem Kurator organisiert wurde?) Also gaben wir Gegensteuer im Rahmenprogramm. Hier werden beispielsweise unter dem Titel „Männerperspektiven“ an Sonntagen, 11 Uhr Rundgänge durch die Ausstellung zusammen mit einem Gast veranstaltet. Oder wir haben Vereine mit speziellen Interessen am Thema Mann eingeladen, eine Dienstagsveranstaltung zu gestalten: am 17. Dezember 2013, 19 Uhr wird TERRE DES FEMMES Schweiz Gastgeberin sein, am 21. Januar 2014, 19 Uhr die Homosexuellen Arbeitsgruppen Bern und am 28. Januar 2014, 19 Uhr das Transgender Network Switzerland. Wir freuen uns sehr über diese Zusammenarbeit, da diese uns hilft, dass wir garantiert keine einseitige Sicht auf das Thema behalten. Und ich persönlich freue mich ganz besonders, gestalten die Kultussen  – Berns bestens informierte und freche Kultur-Bloggerinnen – einen Abend bei uns: am 10. Dezember, 19 Uhr. Dies wird für Ladies only und sehr parteiisch werden.

An allen Dienstagsveranstaltungen gibt es übrigens pro Frau, welche einen Mann mitbringt und für jeden Mann ein Bier offeriert (gesponsert von Egger-Bier). Er oder sie können, sofern sie volljährig sind und Lust darauf haben, ein Bier nach der Veranstaltung geniessen. Das ist übrigens eine der Massnahmen, mit der wir mehr Männer ins Kunstmuseum bringen möchten. Als öffentliche und staatliche Institution dürfen wir Alkoholkonsum als solches selbstverständlich nicht propagieren. Aber ein Bier und eine Stunde mit Kunst sollten den gesundheitlichen Schaden in Grenzen halten …

Veröffentlicht unter Blick hinter die Kulissen
Schlagwörter: ,

Autor

Kathleen Bühler

Kathleen Bühler, Kuratorin und seit 2008 Leiterin der Abteilung Gegenwartskunst am Kunstmuseum Bern. Sie kuratierte unter anderem die Ausstellungen «Merets Funken» (2012), «Das schwache Geschlecht. Neue Mannsbilder in der Kunst» (2013/14) und «Chinese Whispers» (2016).

Kommentare

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Bitte füllen Sie alle Felder aus.

Time limit is exhausted. Please reload the CAPTCHA.

2 Kommentare

Kathleen Bühler
Montag, 30. September 2013, 15:11

Lieber Theodor Schmid, danke für den Tipp, dass Dir ein Bier VOR dem Rundgang mehr dienen würde. Das werden wir gerne aufnehmen. Doch liegt es an Dir selbst, dass Du eine der Damen ansprichst, um Ihr zu einem Bier zu verhelfen. Um Fairness sind wir sehr bemüht, deshalb bekommen alle Frauen, die einen Mann mitbringen, eines. Und wenn Du sie genügend früh ansprichst, könnte man das so drehen, dass sie Dich mitgebracht hat. Ob sie Dich allerdings nachher auch mitnimmt, können wir nicht garantieren…

Theodor Schmid
Sonntag, 29. September 2013, 16:53

Gute Idee, das mit dem Gratis-Bier. Aber wieso gibt’s das erst NACH der Veranstaltung? Beim Warten darauf würde ich als mitgenommener Mann mich wohl grad doppelt mitgenommen fühlen. Ausserdem, so als Anregung: Könnte man vielleicht als unmitgenommener Mann ZWEI Biere bekommen? (Eins davon, um damit ggf. eine mannmitnahmelos anwesende Frau zu trösten. Der Fairness halber.)