Publiziert am 21. April 2015 von Daniel Spanke

Die letzte Kurierin der Kunst – Endspurt für den Aufbau „Stein aus Licht“

Heute, am Montag durften wir die letzte Kurierin für Kunstwerke für unsere Ausstellung „Stein aus Licht. Kristallvisionen in der Kunst“ begrüssen: Eva Glück, Restauratorin an der Akademie der Bildenden Künste in Berlin, begleitet wichtige Leihgaben aus dem Baukunstarchiv der Akademie: Sechs extrem fragile Arbeiten auf Papier von Bruno Taut für dessen Sammelmappe „Alpine Architektur“ und fünf prachtvolle Aquarelle von Hans Scharoun. Es ist mittlerweile üblich, dass heikle Leihgaben von Kurieren der ausleihenden Häuser auf ihren nicht immer gefahrlosen Reisen um die ganze und halbe Welt begleitet und beaufsichtigt werden. Jeder der schon einmal solche Kurierreisen gemacht hat, weiss zahlreiche Geschichten von prekären Situationen zu berichten, die durch den Kurier dann entschärft werden mussten. In der Regel sind die Kuriere Restauratorinnen und Restauratoren, aber auch Kuratorinnen, Kuratoren oder Registrars (zu deren Aufgaben ein anderes Mal mehr) übernehmen diese Aufgaben. So schön es prinzipiell oft ist, eine Dienstreise zu einem anderen Museum zu machen, so ist es vor allem Arbeit. Denn auf dem Weg dürfen sie das kostbare, in einer Kiste verpackte Werk möglichst nicht aus den Augen lassen. Das bedeutet bei manchen LKW-Fahrten dann auch mit „auf dem Bock“ sitzen zu müssen oder stundenlanges Warten in Cargo-Abfertigungshallen an Flughäfen.

v.l.n.r. Dr. Daniel Spanke (Kurator), Philine Claussen (Restauratorin), Eva Glück (Restauratorin)

v.l.n.r. Dr. Daniel Spanke (Kurator), Philine Claussen (Restauratorin), Eva Glück (Restauratorin)

Sind die Werke dann wohlbehalten angekommen, heisst es in den meisten Fällen noch einmal – warten. Denn Gemälde oder Papierarbeiten werden in vielen Fällen, in so genannten Klimakisten transportiert. Das bedeutet, dass diese Kisten das Klima, in denen die Werke eingepackt wurden, für einen ganzen Tag halten sollen. Am anderen Ort müssen diese Kisten dann langsam akklimatisiert werden und deshalb muss man 24 Stunden ausharren. Erst dann werden sie geöffnet und das ist der Augenblick, in dem der ausstellende Kurator viele Werke auch zum ersten Mal sieht. Manche Überraschungen können dann geschehen, wenn ein Werk ganz anders gerahmt wurde als erwartet oder ganz andere Masse hat, als bisher mitgeteilt. Das kommt tatsächlich vor. Im Falle der Blätter aus dem Baukunstarchiv der Akademie konnte ich diese im Original bei einem Besuch in Berlin auswählen. Gerahmt aber wurden sie in Berlin erst kurz vor der Abreise nach Bern – und sind in diesem Falle glücklicherweise keine Überraschung. Jedes der Berliner Werke wird dann gemeinsam von Philine Claussen, eine unserer Hausrestauratorinnen für Papierarbeiten, mit Frau Glück begutachtet und sorgfältig protokolliert. Das hat auch Versicherungsgründe, falls etwas auf dem Transport passiert sein sollte. Anschliessend werden die Bilder an der dafür vorgesehenen Wand positioniert und von unserem Hängeteam gehängt. Erst dann kann die Kurierin aufatmen und ihre Arbeit ist getan.

Da die neun Blätter von Bruno Taut und Hans Scharoun besonders lichtempfindlich und dazu noch oft ausgeliehen wurden, war die besondere Herausforderung, sie bei nur 30 Lux Beleuchtungsstärke über die ganze Laufzeit der Ausstellung von vier Monaten präsentieren zu können. Nur so nehmen die Blätter keinen dauerhaften Schaden. Das hiess, es im Vorfeld auszuprobieren. Bekommen wir diese 30 Lux, und das ist sehr wenig, überhaupt technisch hin? Lässt sich unser nicht mehr sehr neues Lichtsystem soweit herunterdimmen? Wird es nicht doch wieder zu hell, wenn wir nebenan Gemälde bei höheren Luxzahlen ausstellen wollen? Wenn Sie die Ausstellung besuchen,  mag es Ihnen dort eher dunkel vorkommen. Ihre Augen werden sich aber an das wenige Licht gewöhnen. Lassen Sie ihnen etwas mehr Zeit als sonst üblich dafür. Dann werden Ihnen die Pracht und die aussergewöhnlichen Ideen der Architekten aufgehen. Bruno Taut plante etwa die Berge des Monte Rosa Massivs im Wallis facettenartig zu beschleifen und dort hinein einen Kristallbau zu setzen. Auch was fast hundert Jahre später 2009 dann tatsächlich am Monte Rosa gebaut worden ist, können Sie in der Ausstellung erleben.

Veröffentlicht unter Blick hinter die Kulissen
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Autor

Daniel Spanke

Seit 2012 ist Daniel Spanke Kurator für Ausstellungen am Kunstmuseum Bern. Davor war er unter anderem Leiter der Kunsthalle Wilhelmshaven, Kurator des Kunstmuseum Stuttgart und von 2010-2012 Leiter Museum Haus Dix in Hemmenhofen.

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