Publiziert am 12. August 2018 von République Géniale

Countdown:
Noch 5 Tage bis zur Ausrufung der Republik

Ab 17. August 2018 wird im Kunstmuseum Bern die Republik ausgerufen und zwar die geniale Rebublik! Diese basiert auf einer Idee des französischen Künstlers Robert Filliou und entsteht immer dann, wenn sich freie Geister treffen und austauschen, Kunst und Denken Grenzen überschreiten und das Kind in uns zum Spielen kommt.

Das Kurator*innen-Team der République Géniale stellt in einem kurzen Interview seine Überlegungen vor und skizziert, was in den nächsten drei Monaten zu erwarten ist.

Interview mit Sarah Merten

Louise Guerra Chapter 15, Sci-Fi Opera: Loop Station Island Sleep Tracking App (Detail), 2014

Louise Guerra
Chapter 15, Sci-Fi Opera:
Loop Station Island Sleep Tracking App (Detail), 2014

Welchen Bereich hast du in der République Géniale kuratorisch/organisatorisch betreut?
Ich habe zwei Kollektive im Bereich Ausstellung betreut (U5, Louise Guerra Archive) und war ebenfalls an der Konzeption, Umsetzung und redaktionellen Betreuung der digitalen Publikation beteiligt. In Arbeitsgruppen habe ich ausserdem an der Planung der Vernissage, der Foto- und Videodokumentation sowie an der textlichen Vermittlung des Projekts mitgearbeitet.

Was beinhaltet das? Welche künstlerischen Beiträge kommen durch dich dazu?
Die kuratorische Arbeit ist sehr vielfältig und beinhaltet als erstes die Entwicklung einer Idee und anschliessende Recherche. Nachdem der Beschluss gefasst wurde, dass wir den Fokus des Ausstellungsteils auf künstlerische Kollektive setzen, haben Kathleen Bühler und ich uns durch eine lange Liste von Kollektiven gearbeitet, die wir recherchiert haben. Ausgewählt haben wir 5 national und international tätige Kollektive, das jedes für sich gesehen eine spannende, inhaltliche Auseinandersetzung führt und in der Kombination einen vielfältigen Einblick in die Diversität kollektiver Arbeitsprozesse bieten.

Inwiefern haben diese direkt oder indirekt etwas mit Robert Filliou zu tun?
Kathleen Bühler und ich waren davon überzeugt, dass Robert Filliou, so er hier und heute leben würde, die Kollektivität als relevante Form der Kunstproduktion anerkennen und propagieren würde. Alle Kollektive, die nun Teil der République Géniale sind, lassen sich irgendwo an Fillious Ideen anknüpfen. Bei Forensic Architecture beispielsweise sind ganz unterschiedliche Professionen dabei: Wissenschaftler*innen, Architekt*innen und bildende Künstler*innen, die miteinander arbeiten, und so bestimmt auch voneinander lernen. Alle sind sie Genies in ihrem Bereich. Das Louise Guerra Archive wiederum, bietet als institutioneller Rahmen für das künstlerische Schaffen der fiktiven, kollektiven Künstlerin Louise Guerra neue Möglichkeiten zur Auseinandersetzung mit diesem Werk. Für diesen Ausstellungsbeitrag wurden verschiedene Künstler*innen eingeladen, mit dem Archiv zu interagieren, so dass damit wieder neue Werke entstehen. Das entspricht Fillious Idee der «création permanente», bei der es keine «fertigen» Kunstwerke gibt, sondern die Kunstproduktion ein fortwährender Prozess ist und das eine aus dem anderen hervorgeht.

Wie hast du deine kuratorische/organisatorische Rolle verstanden?
Kuratieren kommt ja von curare (lat. Betreuen) und genauso muss man sich das vorstellen: Wir betreuen sowohl Künstler*innen und Kunstwerke und damit sowohl soziale wie auch architektonische Räume. Zudem agieren wir als Schnittstelle zu anderen Beteiligten wie beispielsweise dem technischen Team. Kuratieren ist deshalb immer ein Verhandlungsprozess, wobei letztlich gilt: Das Beste für die Kunst. Es müssen tausend kleine und grosse Entscheidungen und manchmal auch Kompromisse getroffen werden, was bedeutet, dass wir sehr viel kommunizieren. Als Team von 7 Kurator*innen waren wir ja ausserdem selber ein Kollektiv. Im Kollektiv arbeiten heisst für mich nicht, dass alle alles machen müssen, sondern dass sich die jeweiligen Kompetenzen zu einem Ganzen fügen, von dem man im Besten Fall die gleiche, aber zumindest eine ähnliche Vorstellung hat. Ich habe meine Arbeit an diesem Projekt in diesem Sinne immer als Teil von etwas Grösserem verstanden, was diesen Teil aber gerade deswegen nicht schmälert. Denn ohne das, was ich dazu beigetragen habe, wäre das Ganze nicht so zu Stande gekommen wie es das nun ist.

Was war das Schöne oder das Schwierige an deiner Arbeit?
Das Schöne war eindeutig das Wissen um die Arbeit an einem Projekt, wie ich es selber noch nie in einem Museum erlebt habe und deshalb auch nicht absehen kann, wie es letztlich tatsächlich werden wird. Diese Spannung zwischen wissendem Planen und nichtwissendem Ergebnis – auch das wieder ganz im Sinne Fillious – empfand ich grösstenteils als in einem positiven Sinn produktiv und aufregend. Eine Schwierigkeit lag für mich darin, dass so viele Personen an der Organisation und Umsetzung dieses Projekt beteiligt sind, die aus ganz unterschiedlichen Bereichen und Arbeitskontexten kommen. Das erfordert sehr viel Geduld, die mir zuweilen auch abhanden ging und braucht immer wieder neue Anläufe, sich aufeinander einzustimmen. Im Grunde interessieren mich genau diese Auseinandersetzungen, gerade auch im Zusammenhang mit Kollektivität. Doch stellt sich diesen Prozessen der Produktionsdruck mit begrenzten zeitlichen und finanziellen Ressourcen entgegen … was aber letztlich dazu führt, dass die République Géniale nun Realität wird und immer wieder Nägel mit Köpfen gemacht werden mussten.

Auf was freust du dich ganz besonders in den kommenden drei Monaten?
Weil es nicht möglich sein wird, dass ich bei allem, was in der République Géniale passiert, selber dabei sein kann, freue ich mich besonders auf Erlebnisberichte von anderen Besucher*innen. Jede*r wird (s)eine ganz eigene République Géniale erleben und das gehört mitunter auch zu Fillious Idee wenn er sagt, dass er zwar die Idee hatte, seine eigene République Géniale zu erschaffen, aber natürlich auch allen anderen vorzuschlagen, es ihm gleichzutun.

Was wünschst du dir, was das Publikum für sich mitnimmt?
Ich wünsche mir, dass die Besucher*innen die Offenheit haben, sich auf unterschiedliche Erlebnisse einzulassen und diese im Sinne Fillious als gleichwertig zu betrachten. Bien fait, mal fait, pas fais – Filliou kann allem etwas abgewinnen. Das finde ich sehr inspirierend und hoffe, dass es den Besucher*innen diesbezüglich gleich ergeht.

Das gesamte Programm der République Géniale ist unter www.republiquegeniale.ch online

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République Géniale

Anhand dieser Blogartikel, Interviews und Videos von und mit den Beteiligten wird fortlaufend dokumentiert und reflektiert, was in der «République Géniale» stattfindet.

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