Publiziert am 14. August 2018 von République Géniale

Countdown:
Noch 3 Tage bis zur Ausrufung der Republik

Ab 17. August 2018 wird im Kunstmuseum Bern die Republik ausgerufen und zwar die geniale Rebublik! Diese basiert auf einer Idee des französischen Künstlers Robert Filliou und entsteht immer dann, wenn sich freie Geister treffen und austauschen, Kunst und Denken Grenzen überschreiten und das Kind in uns zum Spielen kommt.

Das Kurator*innen-Team der République Géniale stellt in einem kurzen Interview seine Überlegungen vor und skizziert, was in den nächsten drei Monaten zu erwarten ist.

Interview mit Seraina Renz

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Umschlag der Publikation Robert Fillious «Teaching and Learning as Performance Arts»

Welchen Bereich hast du in der République Géniale kuratorisch/organisatorisch betreut?
Ich habe in erster Linie den Bereich Teaching and Learning betreut, zusammen mit Paula Sansano, Valerian Maly und Meret Arnold. Die République Géniale ist das Produkt von enger Zusammenarbeit.

Was beinhaltet das? Welche künstlerischen Beiträge kommen durch dich dazu?
Teaching and Learning fokussiert weniger auf im eigentlichen Sinne künstlerische Beiträge, wobei dies wiederum eine Definitionsfrage ist. Im Sinne von Robert Filliou sind Lehren und Lernen durchaus künstlerische bzw. kreative Tätigkeiten. Lehren und Lernen können also unter gewissen Bedingungen kreativ sein. Solche Bedingungen stellt die République Géniale bereit. Wir arbeiten in diesem Bereich in erster Linie mit Studierenden, gestalten z.B. ein Seminar in Kooperation mit der HKB und dem Radio RaBe. Das Ziel ist, dass die Studierenden Radiosendungen zum 1’000’055. Geburtstag der Kunst gestalten, die dann auch ausgestrahlt werden. Das Semesterthema der HKB ist Fake, wir haben das aufgegriffen, es wird also um Wahrheit, Fiktion und Lüge in der Kunst und in den Medien gehen. Des Weiteren werden uns Architektur-Studierende der ETH Zürich mit ihrem Lehrcanapé besuchen. Das Lehrcanapé war eine Idee von Lucius Burckhardt, der der Generation von Filliou angehört und u.a. an der ETH gelehrt hatte. Diese Generation – wir könnten auch an Joseph Beuys denken – hat sich intensiv mit pädagogischen Fragen auseinandergesetzt und hat daran gearbeitet, dass Bildung eben ein kreativer Prozess wird, nicht einfach Drill, Disziplin und Büffeln. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu diesem Ziel war für einen Filliou oder einen Burckhardt, dass Hierarchien zwischen Lehrenden und Lernenden abgebaut werden. Auf dem Lehrcanapé nehmen alle Beteiligten gemeinsam Platz, da gibt es kein Katheder, von dem aus doziert wird. Die Idee des Lehrcanapés und die Arbeit an neuen Lehr- und Lernformen wurden vom Lehrstuhl von Philip Ursprung aufgegriffen und weiterentwickelt. Neben Studierenden treten wir uns in gewissen Momenten aber durchaus auch mit einem Fachpublikum in Dialog. Ein wichtiger Teil des Teaching and Learning ist das Symposium Ein Meter über dem Boden – Klima und Territorium aus der Perspektive der République Géniale. Ziel der Veranstaltung ist es, einige der Themen dieses Projekts vertieft, d.h. aus wissenschaftlicher Perspektive diskutieren und der Öffentlichkeit vorstellen zu können. Das Symposium soll der République Géniale helfen, sich selber besser zu verstehen. Aber es werden sicher auch unerwartete Dinge zur Sprache kommen, die über unseren Rahmen hinausgehen und uns und dem Publikum ermöglichen, etwas ganz Neues zu lernen.

Inwiefern haben diese direkt oder indirekt etwas mit Robert Filliou zu tun?
Das Teaching and Learning hat sehr direkt etwas mit Filliou zu tun. Es ist seine Terminologie und ein Kern seiner Tätigkeit. Teaching and Learning as Performing Arts heisst eine seiner wichtigsten Publikationen. Man sieht hier, dass Fillou durch das «as» eine Gleichsetzung von Lehren und Lernen und den Künsten vornimmt. In dieser Publikation «performt» er gewissermassen sein pädagogisches Konzept. So betont er z.B., dass es ein «Buch zum Weiterschreiben» sei. Er präsentiert darin nicht sein gesammeltes Wissen, sondern gibt Anregungen, die zum eigenen Weiterdenken anregen sollen. Es ist erstaunlich, wie viel von diesen Ideen die heutige Didaktik prägen (wenn auch nicht ganz so kreativ wie bei Filliou). Der zentrale Platz des Teaching and Learning in der République Géniale kommt also daher, dass Filliou ihm einen so wichtigen Stellenwert zugewiesen hat. Und es verbindet sich gut mit den heutigen Ansprüchen an kulturelle Institutionen als Orte des Austauschs und der Kommunikation mit dem Publikum, eine Tätigkeit, die auch Vermittlung genannt wird.

Was war das Schöne oder das Schwierige an deiner Arbeit?
Die Teamarbeit in der République Géniale ist schön und schwierig zugleich. So ein umfangreiches Projekt erfordert viel Man- bzw. Woman-Power. Das bedingt viel Absprachen und Kommunikation. Gleichzeit kommt man einfach auf bessere Ideen, wenn man sie gemeinsam im Dialog entwickelt. Diese Arbeitsform ist Fluch und Segen zugleich.

Wie hast du deine kuratorische/organisatorische Rolle verstanden?
Wie gesagt – als Teil eines Teams. Darüber hinaus habe ich viele Texte verfasst und vor allem im Anfangsstadium dazu beigetragen, die vielen, teils auch sehr heterogenen Ideen in ein gemeinsames Konzept zu giessen und zuzuspitzen. Diese Art der synthetischen oder analytischen Arbeit liegt mir. (Ich bin hauptberuflich Wissenschaftlerin.) Es gab hier eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit zwischen denen, die eher Ideen kreieren und in den Raum werfen und denen, die sie eher ordnen und systematisieren. Das Projekt braucht diese Balance: Einerseits muss es den Geist der Freiheit atmen, andererseits konzeptuell Hand und Fuss haben.

Auf was freust du dich ganz besonders in den kommenden drei Monaten?
Nach der vielen Vorarbeit freue ich mich einfach auf die Anlässe und endlich zu sehen, was aus dieser République Géniale wird. Wir setzen hier etwas in die Welt. Zu sehen, was dabei wirklich herauskommt, macht mich vorfreudig, und natürlich auch aufgeregt. Ich freue mich sehr auf die Produktionen, die ich nicht organisiert, über die ich aber z.B. geschrieben hatte. Highlights wie der Besuch der Rambert Dance Company oder die Maritime Rites von Alvin Curran erwarte ich mit viel Vorfreude. Ich weiss aber auch, dass interessante Dinge geschehen werden bei kleineren Anlässen, von denen man sich vielleicht weniger erwartet und gerade dann etwas ganz Tolles passiert. Mein grösster Wunsch ist aber, dass das Publikum solche Momente erlebt – und dafür muss es kommen, immer wieder kommen und bereit sein, sich auf Unbekanntes einzulassen und geschehen zu lassen, was auch immer passiert oder nicht passiert.

Was wünschst du dir, was das Publikum für sich mitnimmt?
Ich wünsche mir ein neugieriges Publikum, das auch mal eine Enttäuschung aushalten kann, das aber vor allem Dinge sieht, spürt, riecht, isst, hört, die im Alltag in der Verdichtung nicht vorkommen, die ihnen so nur an einem Ort wie der République Géniale begegnen können. Das Publikum nimmt im Idealfall Momente der Schönheit, der Verzauberung, aber auch der Erkenntnis mit.

Das gesamte Programm der République Géniale ist unter www.republiquegeniale.ch online

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République Géniale

Anhand dieser Blogartikel, Interviews und Videos von und mit den Beteiligten wird fortlaufend dokumentiert und reflektiert, was in der «République Géniale» stattfindet.

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