Publiziert am 23. Juni 2016 von Franziska Vassella

Aktiver Kulturaustausch an der Registrar Konferenz

Unter dem Motto «Out of the box » fand vom 8. – 10. Juni 2016 die 10. Europäische Registrar Konferenz in der Wiener Hofburg statt. Als Registrarin des Kunstmuseum Bern war dies für mich die willkommene Gelegenheit für den Austausch und die Vernetzung mit anderen Fachleuten, die wie ich für den Transport, die Versicherung und den Leihverkehr von Kunstwerken zuständig sind. 700 Teilnehmende reisten für diese Konferenz nach Wien – Registrars, Sammlungsmanager sowie angegliederte Berufszweige. Dieses Treffen findet alle zwei Jahre statt, leistet einen Beitrag zur Vernetzung der europäischen Museen und darf als Austauschplattform der Museums- und Ausstellungsszene bezeichnet werden.

Für Ausstellungen und Messen werden Kunstwerke auf Reisen geschickt. Wieviel Vorbereitungszeit und aufwendiger Papierkrieg es erfordert, bis ein Kunstwerk am Zielort ausgepackt und ausgestellt werden darf, wissen wohl am besten die Registrars. Mehrsprachige Kommunikation mit Leihgebern, Künstlern und Geschäftspartnern, Hintergrundwissen zu Restaurierung, Präsentation und Ausstellungsarchitektur gehören zu den Anforderungen unserer Tätigkeit. Es gilt, komplexe Kunsttransporte und deren korrekte Versicherung zu organisieren. Dabei ist das oberste Gebot, dass uns anvertraute Leihwerke in der entliehenen Zeit – in der Regel von Nagel zu Nagel versichert – mit der allerhöchsten Sorgfalt zu behandeln sind und unversehrt zurückkehren.

Das Zauberwort für die Organisation dieses Prozesses lautet Kommunikation und Vernetzung. Lösungen lassen sich zwar per Mail skizzieren, viel effizienter ist meistens ein Gespräch mit den Kollegen oder Kolleginnen aus den leihgebenden Museen. Aus diesem Grund sind in der Schweiz die Swissregistrars zusammengeschlossen, und alle zwei Jahre findet in Europa ein Treffen der europäischen Registrars statt.

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“Out of the box” war das Motto der 10. Europäischen Registrar Konferenz in Wien ©eSeL.at – Lorenz Seidler

Zu dritt reisten wir aus Bern nach Wien und freuten uns, endlich KollegInnen vergangener und zukünftiger Projekte persönlich zu treffen. Fazit nach zwei Tagen intensiver Referate und Workshops: Die Arbeit wird uns auch in Zukunft nicht ausgehen. Denn Leihverhältnisse werden in einem zunehmend internationalen Umfeld angesichts neuer Kulturgütergesetze und anspruchsvoller Versicherungs- und Transportbedingungen zunehmend komplizierter und sind aufgrund der vermehrten Forderung nach Immunität der Kunstwerke und des Sonderstatus der Schweiz als Nicht-EU Land eine Herausforderung.

Ein wichtiger Themenblock galt an der Tagung in Wien der Ausbildung der Registrars: Der junge Beruf in der Museumswelt lässt sich in der Schweiz nur in Form von Volontariatsstellen erlernen. Der weltweite Museumsboom – Stichwort Neubauten – erfordert Professionalität und eine entsprechende Ausbildung und Anerkennung des Berufes. Abgerundet wurde die Veranstaltung durch kritische Referate beispielsweise zu folgenden Themen: Dürfen öffentliche Museen Privatleihgaben unter der Bezeichnung „private collection“ ausstellen? Müssten Kunstmuseen nicht angesichts der gegenwärtigen Migrationsbewegungen eine bedeutend aktivere Rolle spielen und sich als Lern – und Integrationsort der Willkommenskultur öffnen?

In der frühsommerlichen Stadt Wien wurden wir überaus herzlich empfangen und an die schönsten Kulturstätten eingeladen. Die Konferenz fand in den historischen, labyrinthähnlichen Räumen der Wiener Hofburg statt. Eröffnet wurde der Anlass im Kuppelsaal des kunsthistorischen Museums. Dichtgedrängt fanden sich die jeweiligen Vertreter der Länder zusammen, musikalisch untermalt von Mozarts Arien, nicht gesungen, sondern gepfiffen. Der Bürgermeister von Wien bat in den grosszügigen, lichten Saal des Rathauses. Nach Führungen in den verschiedensten Kulturinstituten fand die Abschiedsparty zur blauen Stunde auf der Dachterrasse der Uraniasternwarte statt.

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Die kleine Maria Franziska aus der Fürstlichen Sammlung Liechtenstein, das Lieblingsbild der Autorin. Friedrich von Amerling, Porträt der Prinzessin Marie Franziska von Liechtenstein (1834-1909) im Alter von zwei Jahren, 1836 Öl auf Karton, 33 x 27 cm © LIECHTENSTEIN. The Princely Collections, Vaduz-Vienna

Das Treffen mit KollegInnen rief ins Bewusstsein, wie viele gemeinsame Ausstellungsprojekte im Kunstmuseum Bern bereits stattfanden und auch in Zukunft realisiert werden. Beim Frühstück ein Gespräch mit einer Kollegin aus dem Szépmüvészeti Múzeum in Budapest, in dem 2008 die gemeinsame Hodlerausstellung stattfand. Ein kurzes shaking hands mit der Kollegin aus Hongkong – die Leihwerke chinesischer Gegenwartskunst aus der Sigg Collection des M+ sind noch bei uns.

Im Herbst erwarten wir Leihgaben der fürstlichen Sammlungen Liechtenstein, beheimatet in Wien. Deren Registrars besuchten ebenfalls den Kongress und entführten uns in der Pause in das Stadtpalais Liechtenstein, prominent gelegen in der Innenstadt neben Burgtheater und Volksgarten. Mit ansteckender Begeisterung zeigten uns die Wiener die Räumlichkeiten und Ausstattung des Stadtpalais, bereiteten uns auf die fürstliche Geschichte Liechtensteins und deren Sammlung vor. Ein neues Lieblingsbild habe ich bereits erkoren, die kleine Marie Franziska, schlafend, gemalt von Friedrich von Amerling. Bald ist es Herbst und wir dürfen im Kunstmuseum Bern die Werke der neuen Ausstellung in Empfang nehmen.

Die Ausstellung «Liechtenstein. Die fürstlichen Sammlungen» eröffnet am 12.11.2016.

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Franziska Vassella

Franziska Vassella ist Kunsthistorikerin und arbeitet seit 2006 im Kunstmuseum Bern als Registrar Ausstellungen und freie Mitarbeiterin Kunstvermittlung.

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