Publiziert am 25. September 2015 von Thomas Allenbach

Adieu Kino Kunstmuseum – Hello REX!

Auf einmal geht es ganz schnell. Nächste Woche heisst es Abschiednehmen vom Kino Kunstmuseum – knapp einen Monat später, am 29. Oktober, eröffnen wir bereits das Kino REX. Abschied und Aufbruch: Das provoziert einen ziemlichen Mix an Gefühlen. Doch der Reihe nach.

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Abgesang: In Peter Bogdanovichs “The Last Picture Show” muss das Kino Royal seinen Betrieb einstellen.

Mit dem filmischen Abgesang The Last Picture Show von Peter Bogdanovich beenden wir die Ära des Kino Kunstmuseum. Danach gehen im Tiefparterre an der Hodlerstrasse die Lichter aus – und mit dieser letzten Vorstellung erlischt auch jene Vision, die das Kunstmuseum Bern 1983 zur Eröffnung des hauseigenen Kinos geführt hatte. Die Zäsur freilich fand schon vor längerem statt. Denn 2003 gab das Kunstmuseum den Betrieb des Kinos auf. In die Bresche sprang, unterstützt von Stadt und Kanton Bern, der Verein Cinéville. Das Gastrecht, das wir seither genossen, war schon bald nur noch eines auf Zeit: Wegen des geplanten internen Erweiterungsbaus mussten wir uns nach einem neuen Standort umsehen. Trotz dieser delikaten Situation, die auch demotivierend hätte wirken können, fuhren wir den Betrieb im Kino Kunstmuseum nicht etwa zurück, sondern bauten ihn aus. Dies in enger Kooperation mit dem Kellerkino. Die letzte Phase des Kino Kunstmuseum sollte uns als Test dienen für ein Programm, wie es uns in unserem künftigen eigenen Haus vorschwebte. Die Ergebnisse sind ermutigend: Wir steigerten die Besucherzahlen von knapp 9000 in der Spielzeit 2009/10 auf 19’600 im Ende Juni abgelaufenen Geschäftsjahr 2014/15.

Als sich die Möglichkeit ergab, das REX an der Schwanengasse 9 von der Kitag zu übernehmen, zögerten wir nicht. Denn das 1952 eröffnete Kino ist ein Glücksfall für Cinéphile, die an die Zukunft des Kinos glauben. Es verkörpert nicht nur Berner Kinogeschichte, sondern besticht auch durch seine zentrale Lage und seine markante Präsenz nach aussen. In diesem Haus schlummert sehr viel Potenzial, das wir mit dem Umbau in ein Kino mit zwei Sälen, restauriertem Foyer und neuer Bar nun ausschöpfen wollen. Der Abschied von der Hodlerstrasse ist für uns deshalb kein Ende, sondern vielmehr ein Aufbruch – einer an einen Ort, der zum kulturellen Treffpunkt werden soll und der uns auch programmlich neue Räume übers rein Filmische hinaus öffnen wird.

Unsere Programmphilosophie und unsere Haltung lassen wir beim Umzug nicht zurück: das Kino Kunstmuseum wird im REX weiterleben. Wir werden weiterhin die Film- und Kinogeschichte in all ihren Facetten präsentieren. Nach wie vor interessiert uns Film in all seinen Erscheinungsformen, als Resultat künstlerischer Kreativität vorab, aber auch als Spiegel gesellschaftlicher Probleme und kollektiver Phantasien und als Produkt von Marktmechanismen. Weiterhin werden wir eng vernetzt mit kulturellen Institutionen wie dem Kunstmuseum Bern, mit befreundeten Kinos, mit freien Kuratorinnen und Kuratoren ein Programm anbieten, das man als eine Art Festival in Permanenz charakterisieren könnte.

Ein Blick in unsere ersten Programmschwerpunkte zeigt, wohin die Reise geht: So werden wir im November in Kooperation mit der Kunsthalle Bern ein Sciencefiction-Programm mit raren Werken zeigen, die Grenzerfahrungen ermöglichen. Zusammen mit dem Kino Xenix Zürich und dem Filmverleih Filmcoopi präsentieren wir das Gesamtwerk von Aki Kaurismäki. Begleitend zur Ausstellung «Dialog mit der Zeit» im Museum für Kommunikation starten wir eine Filmreihe zum Thema Älterwerden. «Schöne Matrosen» heisst ein Schwerpunkt im Dezember aus Anlass der Ausstellung zum 100. Geburtstag von Ricco Wassmer im Kunstmuseum Bern und von «Bob, le flaneur» im Kornhausforum. Es folgen im Dezember und Januar Retrospektiven von Andrej Tarkowski und Douglas Sirk, im Februar dann eine Bergfilmreihe zur neuen Ausstellung im Alpinen Museum. Ebenfalls im Februar beginnen wir einen Zyklus mit aktuellen chinesischen Werken zur Ausstellung «Chinese Whispers» im Kunstmuseum und im Zentrum Paul Klee sowie eine Reihe zum Thema «Psychiatrie und Film». Selbstverständlich werden wir auch unsere wiederkehrenden Programme wie Filmgeschichte oder Kinderkino weiterführen. Und dazu werden wir das aktuelle Filmschaffen mit prägnanten Arthouse-Premieren ins Programm rücken. Im November zeigen wir unter anderen das Berner Roadmovie Wintergast, den an der Berlinale preisgekrönten Debütfilm Ixcanul aus Guatemala und das phänomenale Triptychon Arabian Nights des Portugiesen Miguel Gomes.

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Ganz neue Perspektiven: Ilona und Lauri eröffnen in Drifting Clouds ein Restaurant. Der Film läuft im November im REX in der Kaurismäki-Retrospektive.

Im Kino Kunstmuseum wird es dunkel, dafür erstrahlt der Kinohimmel im REX in neuem Lichterglanz. Wir hoffen, Sie machen den Umzug mit uns mit.

PS: Alle REX-Infos finden Sie ab Anfang Oktober auf unserer neuen Homepage www.rexbern.ch

Veröffentlicht unter Allgemein, Gastbeitrag
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Thomas Allenbach

Thomas Allenbach ist Geschäftsführer des Kino Kunstmuseum und ab Oktober des Kino REX. Zuvor war er Kultur- und Filmredaktor bei der Tageszeitung «Der Bund».

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