Endo ergo sum
Bern hat eine unglaublich reiche Tradition an Sängern und Liedermachern, welche irgendwo bei Walther von der Vogelweide beginnt und dann über Mani Matter, Polo Hofer, Kuno Lauener (Züri West), Endo Anaconda (Stiller Has) zu Jürg Halter (Kutti MC) und Steffe la Cheffe führt. Voller Neid beäugen die Nicht-Berner (wie ich) diese Konstellation, welche es den Berner Barden und Bardinnen erlaubt, auch in ihrem hergestammten – zugegeben melodiösen – Idiom Karriere zu machen und helvetische Befindlichkeiten treffsicher abzubilden.
Neben seinem Gesang für Stiller Has, hat sich Endo Anaconda mit seinen Kolumnen als scharf denkender und schreibender Autor einen Namen gemacht. Er karikiert und kombiniert, brandmarkt die Eitelkeiten von Politikern, beleuchtet zeitgenössische Dilemmas und stellt unerbittlich eigene Schwächen bloss. Ich kenne keinen anderen Kolumnisten, der sich derart umfassend mit seiner eigenen Leibesfülle, seiner unkonventionellen Familie, seinen Lastern sowie seinem leicht zu kränkenden Stolz beschäftigt und dafür ständig Lacher auf eigene Kosten in Kauf nimmt. Dabei hat der schlaue und charmante Fuchs natürlich längst erkannt, dass das erotischste Körperteil am Mann sein Gehirn ist und die Fähigkeit, Frauen zum Lachen zu bringen, am meisten Punkte auf der Verführungsskala bringt. Wer wäre also geeigneter, am kommenden Donnerstag unsere Ausstellung «Das schwache Geschlecht» zu eröffnen, um nicht von akademischer Warte, sondern gezeichnet vom eigenen Leben, Einsichten ins Mannsein kundzutun? Wir freuen uns wie die stillen Hasen auf neue literarische Knallbonbons und homerisches Gelächter, wohl wissend, dass der Selbsterkenntnis keine Grenzen gesetzt sind. Denn wie hat es Endo Anaconda so schön auf dem letzten Album mit Stiller Has im Lied „Böses Alter“ (2013) formuliert?
„Bösi alti manne / die hei gäng no d hosen anne / hei zwar kei brot meh, derfür hei sie e ranze / u gspüre ds wätter i de bei / grantigi elteri herre / chöi mit dr zyt bösartig wärde / si gö nume no schnäll ga zigis choufe / u finde nie meh hei /… / ach gott, wär het erbarme / mit üs alte partisane / wirf es schyt i d gluet, wenn i chume / u wenn i gange, zünd e cherzen aa / … / küss mi no einisch / tanz no einisch um mi ume / i wirde sälber so ne böse alte maa.“
Veröffentlicht unter Blick hinter die Kulissen
Schlagwörter: Das schwache Geschlecht