Meret Oppenheim Digital
Digital im Museum
Das Kunstmuseum Bern beherbergte dieses Jahr temporär einen raumfüllenden Cruse Scanner. Rund 300 Werke der Künstlerin Meret Oppenheim wurden auf den 2.5m langen Tisch gelegt, durch den Lichttunnel geschickt und Zeile für Zeile gescannt.
Digitalisate haben längst in den Museumsalltag Einzug gehalten. Die rasche technologische Entwicklung spiegelt sich heute in neuen, innovativen Formaten und Präsentationsplattformen für digitale Kunst wieder. Im weiten Feld der Werkdokumentation, der Vermittlung und Verbreitung von Bilddaten bieten die Digitalisierungsverfahren eine Vielzahl an neuen, noch wenig ausgeschöpften Möglichkeiten. Neben den fotografischen Techniken finden sie auch Anwendung in der Abbildung komplexer dreidimensionaler Oberflächen im Kontext von Lagerung und Transport (siehe auch hier).
Der konservatorische Blick
Besondere Aufmerksamkeit gilt den Möglichkeiten der Zustandsdokumentation. Es ist mittlerweile möglich, anhand von hochauflösenden Scans nicht nur die Farbwerte, sondern auch die Oberflächentextur in einer bisher nicht bekannten Qualität abzubilden. Der sogenannte Digitale Referenzscan ergibt hochauflösende Digitalisate, die langfristig als Referenz dienen, wie das Kunstwerk zum Zeitpunkt der Digitalisierung ausgesehen hat. Insbesondere die Möglichkeit, die Farbwerte im von RECOM entwickelten Digitalen Referenzscan für die Zukunft festzuhalten, zeigt hier eine spannende Neuerung auf.
Die Digitalisierung wertvoller Kulturgüter erfordert besondere Sorgfalt in der Umsetzung. Es eignen sich kontaktfreie Verfahren, deren Lichtemission und Beleuchtungsstärken auf die individuelle spektrale Empfindlichkeit der verwendeten Materialien abzustimmen sind.
Warum Meret Oppenheim?
Meret Oppenheim digital stellt die Vielfalt der Materialität und der künstlerischen Techniken von Meret Oppenheim ins Zentrum. Die experimentelle Herangehensweise in der materiellen Umsetzung führte zu einer erhöhten Fragilität der Werke, der sich die Künstlerin sehr bewusst war und der sie mit grosser Sorgfalt begegnete.
Der verknüpfte Kurzfilm gibt Einblick in den ersten Teil des Digitalisierungsprojektes. Zu sehen sind das Digitalisierungsverfahren anhand des Gemäldes La fin embarassé 1971, eine Leihgabe aus Privatbesitz sowie zweier Handschuhpaare, Handschuh (Vorzugsausgabe zu Parkett Nr. 4) 1985.
Die Komposition La fin embarassé ist dreigeteilt und vereint Ahornblatt und Muschel, Raupe und Füllhorn mit einem gekreuzigten Phallus. Rund zehn Jahre nach der Entstehung übermalte Meret Oppenheim den damals hellblauen Himmel mit der heute sichtbaren, schwarzen Fassung. Inhaltlich motivierte, auch radikal anmutende Neufassungen sind bei Meret Oppenheim keine Seltenheit. Wandlungsprozesse prägten die Arbeitsweise der Künstlerin auf inhaltlicher und technischer Ebene. Die beiden Handschuhpaare unterscheiden sich heut in ihrer Farbigkeit und Form. Ein Paar ist ausgeblichen, von der Bewegung der Hände ausgebeult und leicht verschmutzt. Die frühere Besitzerin hat die Handschuhe getragen, wie von der Künstlerin vorgesehen. Das andere Paar ist ohne Gebrauchsspuren erhalten.
Ausblick
Die nun folgende zweite Projektphase widmet sich den dreidimensionalen Objekten. Der Digitalisierungsprozess gestaltet sich hier weit komplexer. Das Gebiet der 3D-Scantechnik ist Drehscheibe laufender Innovationen. Die museale Anwendung stellt in diesem Gebiet hohe Anforderungen an die präzise Oberflächendarstellung der 3D-Daten. Im Rahmen des Projekts sollen Ergebnisse laufender Forschungsprojekte im Bereich der 3D-Digitalisierung einbezogen und ihre Anwendungsmöglichkeiten für Ausstellung und Erhaltung ausgelotet werden. Ein auf das Projekt zugeschnittene Hologramm der Helvetia Versicherungen setzt seit kurzem im Eingangsbereich des Kunstmuseums ein Zeichen für Meret Oppenheim digital.
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Schlagwörter: Helvetia Versicherungen, Meret Oppenheim, Meret Oppenheim Digital