Kunstmuseum Bern im Lockdown – «distanzierte Konservierung»
Gedanken zur «distanzierten Konservierung» von Katharina Sautter
Da man momentan die öffentlichen Verkehrsmittel nicht benützen soll, laufe ich zur Arbeit. Der Spaziergang durch die Morgensonne tut mir gut, denn im Kunstmuseum angekommen, isoliere ich mich in einem fensterlosen, dunklen Raum. Das klingt dramatisch, ist aber eigentlich ganz schön. Nun, da die Ausstellungen leider geschlossen sind, fällt einiges an Tagesgeschäft weg und ich kann mich auf eine schon länger geplante Restaurierung konzentrieren. Der Platz in unserem Restaurierungsatelier ist manchmal knapp für die vielen parallel laufenden Projekte, deshalb habe ich mich in einem Raum im Untergeschoss eingerichtet. Ich laufe also durch die dunkle Teruko Yokoi-Ausstellung, um zu meinem Arbeitsplatz zu gelangen, wo ich den ganzen Tag alleine vor dem Mikroskop sitze. Das Gemälde des Kubisten Juan Gris, an dem ich arbeite, wurde im Rahmen einer früheren Restaurierung mit einem stark glänzenden, nicht authentischen Firnis überzogen. Um die Gemäldeoberfläche dem ursprünglichen Erscheinungsbild wieder anzunähern, löse ich den Firnis vorsichtig ab. Dieser Prozess erfordert Zeit, Geduld und Ruhe – meine «Selbst-Isolation» im Museum kommt mir also entgegen. Der Raum ist so abgeschieden, dass keine*r der wenigen Mitarbeiter*innen, die nicht im Homeoffice sind, zufällig vorbeikommt. Für mich funktioniert «Distance Conservation» sehr gut.
Gedanken zu Distance Conservation von Dorothea Spitza
Die passive Konservierung im Sinne der Prävention ist auch aus der Ferne umsetzbar. Da ist «Distance» sehr willkommen. Anders steht es um die aktiven Massnahmen an den Kunstwerken. Ich bin aber überzeugt, dass es nur eine Frage der Zeit ist bis kreative Vorschläge folgen. Zum Beispiel ein virtueller Restaurierungsguide, der den Museumsbesucher*innen über Lichtprojektionen unsere Arbeit visualisiert. Mein Alltag ist stiller, aber auch konzentrierter. Die Tagesziele lassen sich gut verfolgen, da wenig Unvorhersehbares passiert. Die Haptik und das Verweilen mit den Werken fehlen jedoch, es ist momentan zweidimensionaler. Heute überprüfe ich die zulässige Lichtexpositionen einiger Blätter von Pablo Picasso; für die Werke liegt eine Leihanfrage aus Paris vor. Werke auf Papier sind besonders lichtempfindlich, es gilt sie vor zu starker Lichteinwirkung zu schützen. Neben der Lichtempfindlichkeit ist der Erhaltungszustand der Werke für die Bewertung einer Leihanfrage aus konservatorischer Sicht auschlaggebend. Mit Hilfe von Zustandsprotokollen versuche ich mich nun an den Erhaltungszustand der Blätter zu erinnern; ein wenig «unpersönlich»; – einige der Blätter beschliesse ich doch noch demnächst im Museumsdepot zu sichten, solange bleibt die Leihanfrage offen…
Veröffentlicht unter Allgemein, Blick hinter die Kulissen
Schlagwörter: KMB, Lockdown, Restaurierung