Königinnen treffen…
…gehört nicht eigentlich in das Berufsbild einer Kuratorin. Und doch geschah genau dies am 5. November 2013 in Amsterdam. Als internationales Jurymitglied des prestigeträchtigsten niederländischen Kunstpreises für Gegenwartskunst, des Prix de Rome, konnte ich anlässlich der Preisverleihung ein paar Worte mit Königin Máxima wechseln.
Es war von grosser Bedeutung, dass die Königin die Preisverleihung mit ihrer Anwesenheit ehrte (Video), denn auch die Niederlande wurden in den letzten Jahren von vielen Umstrukturierungen in der Kulturwelt heimgesucht. Gelder wurden massiv gekürzt und fast die Hälfte (!) der Institutionen musste geschlossen werden. Darunter auch so engagierte und umtriebige kleine Museen für Gegenwartskunst wie beispielsweise De Paviljoens in Almere, welches zehn Jahre lang ein tolles Ausstellungsprogramm und eine schöne Sammlung auf die Beine gestellt hatte und nun sang- und klanglos verschwand.
Mit der Anwesenheit der Königin an der Verleihung des staatlichen Kunstpreises wurde klar gemacht, dass es auch ein Anliegen des Königshauses ist, dass Junge Kunst gefördert wird. Denn wie im Sport sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass auch in der Kunst die Jugend unterstützt wird, will man denn Sieger und Siegerinnen sehen. Und wie im Sport darf es einen nicht wundern, wenn gespart und dann nicht die erwünschten Resultate eingefahren werden.
Es war auf jeden Fall ein festlicher Moment und die Königin eine überaus strahlende, elegante und warmherzige Erscheinung. Doch es gab ein strenges Protokoll wer, wann die Königin ansprechen durfte und in welcher Reihenfolge das Händeschütteln von statten gehen sollte. (Obwohl auch in unserem Land massenweise Klatschmagazine über gekrönte Häupter konsumiert werden, ist man als Schweizerin dennoch etwas ungeübt mit royalen Protokollen und gab ich mir alle Mühe, nichts falsch zu machen, steht ‚Swissness‘ doch für einen gewissen Grad an Perfektion.)
Ausgezeichnet wurde die hervorragende Falke Pisano für eine kritische und engagierte Installation, welche die Privatisierung von Gefängnissen in den Vereinigten Staaten zum Thema hat. Ausgehend vom „Body in Crisis“ – so der Werktitel – wurde in einer stimmungsvollen und mit Informationen unterfütterten Installation klargemacht, was mit dem Körper der Gefangenen passiert, wie dieser Körper nichts nur physisch und seelisch, sondern auch politisch, gesellschaftlich und symbolisch in eine Krise versetzt wird (Interview mit Falke Pisano). Ausgezeichnet wurde die Künstlerin nicht nur für eine präzise, konzeptuelle und ästhetisch stimmige Arbeit, sondern auch für den Mut, sich mit unpopulären Themen und deren Konsequenzen immer und immer wieder zu beschäftigen. (Falke Pisano ist auch in der Schweiz keine Unbekannte. So gestaltete sie u.a. 2008 zusammen mit Ana Roldàn eine Ausstellung im Wartesaal (Perla Moda) in Zürich.
Und darum muss ich heute sagen, dass ich eigentlich zwei Königinnen getroffen habe. Eine aus dem Bereich der europäischen Aristokratie und eine aus dem Bereich der bedeutenden Gegenwartskunst.
Veröffentlicht unter Blick hinter die Kulissen
Schlagwörter: Reisen, Zeitgenössische Kunst