Es wird auch im Sommer geflüstert…
Wir reiben uns immer noch die Augen vor lauter Freude. Mit so vielen Besuchern und Besucherinnen der Ausstellung «Chinese Whispers. Neue Kunst aus den Sigg und M+Sigg Collections» haben wir in unseren kühnsten Träumen nicht gerechnet: über 90‘000 sind es bis jetzt. Das Buch wird nun in der dritten Auflage gedruckt und selbst die teurere Buchhandelsausgabe ist schon vergriffen. Das Thema China trifft einen Nerv: die Einladung, sich ohne die üblichen Vorurteile und Ängste dem komplexen Thema anzunähern, wird offenbar beschwingt ergriffen.
In unseren Besuchergruppen erleben wir gespannte Neugier, grosses Interesse und enthusiastische Bereitschaft, das Vertraute und Übliche mal von der anderen Erdhälfte aus anzuschauen und sich ungewohnten Denklinien anzuvertrauen.
Die Direktion beider Häuser hat sich aufgrund des grossen Besucherstromes entschlossen, die Ausstellung zu verlängern, wo dies möglich war. Im Kunstmuseum Bern werden bis Ende September die drei Kapitel „Globale Kunst aus China“, „Vom Umgang mit der Tradition“ sowie „Zwischen Konsumwahn und Spiritualität“ weiterhin zu sehen sein. Diese drei Kapitel zeigen uns rund 100 Werke, welche aktuelle Themen aufgreifen: sie geben uns Einblick in die chinesische Gesellschaft mit ihrer bis vor kurzem herrschenden Einkindpolitik sowie der Herausforderung des Massenkonsums und Konsumrausches, dem die ehemals agrarische, sozialistische Gesellschaft gegenübersteht.
Der freche Videofilm Haze and Fog von Cao Fei etwa vergleicht die chinesische Gesellschaft in den Suburbs mit Zombies, welche begleitet vom fahlen Schein der Handy-Displays ihrem täglichen Shoppingwahn nachgehen. Cong Lingqi hingegen führt eine blinde Frau auf einen Hügel hinauf, um dank dieser die Landschaft neu zu erleben. Sie übersetzt die sinnlichen Beschreibungen der blinden Frau in Braille-Schrift, lässt die Noppen der Punktschrift auf Walzen aufbringen und von einer Musikdose abspielen, um eine akustische Topografie der Landschaft zu erzeugen, welche dann wieder in ein visuelles Signal, ein sogenanntes Spektrogramm übersetzt wird. Auf diese Weise schliesst sich der Kreis und wir erleben die visuelle Übersetzung einer Landschaftserfahrung von einer Person, welche nicht sehen kann. Dies ist nur eines vieler ermutigender Beispiele, sich mit Kunst zu beschäftigen, welche uns zunächst so fremd zu sein scheint.
Nach wie vor gibt es den Audioguide in vier Sprachen (DE/FR/EN/IT) gratis zum Eintritt dazu. Der Eintrittspreis wird ab 21. Juni reduziert, weil die Werke im ZPK nicht mehr zu sehen sind. Ausserdem haben wir wieder ein reiches Veranstaltungsprogramm auf die Beine gestellt, welche durch den Sommer hindurch führt.
Stellen Sie sich also bald in die Reihe, damit wir Ihnen was flüstern können.
Die Ausstellung «Chinese Whispers. Neue Kunst aus den Sigg und M+Sigg Collections» wird im Kunstmuseum Bern bis am 25. September 2016 verlängert.
Veröffentlicht unter Allgemein, Experten am Werk
Schlagwörter: China, Chinese Whispers, Uli Sigg