Publiziert am 18. Juli 2014 von Hannah Rocchi

Die Arbeit an der Museumskasse: Mehrsprachiges Multitasking

Im Kunstmuseum führt kein Weg an der Kasse vorbei: Besucher aus aller Welt kaufen hier ihre Eintrittstickets, Führungspersonen warten auf ihre Gruppen, Lehrer melden ihre Klassen an, Kuratorinnen beziehen Kataloge und Presseleute möchte gerne den Direktor sprechen. Die Kasse bildet eine Art Knotenpunkt, denn viele Stränge laufen hier zusammen. Besonders der Austausch zwischen den verschiedenen Abteilungen des Museums und den Aufsichten sowie den KassenmitarbeiterInnen, hat mich von Anfang an interessiert, denn durch die Mitarbeitenden an der Front wird das Museum in erster Linie wahrgenommen.

Ein Wort, welches die Arbeit an der Kasse vielleicht am besten beschreibt, ist Multitasking. Meist muss man mehrere Aufgaben gleichzeitig bewältigen: Einem Touristenpaar aus den USA die Ausstellungen erklären, die Nummer auf dem blinkenden Telefondisplay notieren, einen Museumspass ausdrucken, die Klasse mit den grossen Rucksäcken im Blick behalten und der Aufsichtsperson deshalb einen vielsagenden Blick zuwerfen. Gut, versteht man sich an der Front mittlerweile ohne Worte.

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Hinter dem blauen Tresen.

In diesem Job muss man stets einen kühlen Kopf bewahren, man ist nämlich hinter dem blauen Tresen ganz auf sich allein gestellt, da, ausser an regnerischen Sonntagen, nur eine Person an der Kasse eingeteilt ist. Dies kann zu Beginn etwas überfordern, doch ich persönlich habe während meinen fünf Jahren als Mitarbeiterin der Kasse gerade diese Verantwortung geschätzt. Die Arbeit hat mich verschiedene Dinge gelehrt: Da sich die Menschen durchschnittlich nur sehr kurz an der Kasse aufhalten, muss man innert Sekunden die Situation erkennen und darauf reagieren: Wünscht dieser japanische Besucher eine detaillierte Erklärung aller Ausstellungen oder ist er nur für einen kurzen Rundgang in der Sammlung gekommen? Von welchem Porträt spricht diese französische Touristin und verkaufen wir es im Museumsshop als Postkarte? Könnte es sein, dass sich diese Gruppe aus Madrid vielleicht sogar im Museum geirrt hat, und wie soll ich das nun auf Spanisch erklären? Verschiedene Sprachen zu beherrschen ist ebenso wichtig, wie über die Ausstellungen, in- und ausserhalb des Kunstmuseums Bern, Bescheid zu wissen.

Als Kunstgeschichtestudentin habe ich mich auch mal gerne mit Besuchern über die Ausstellungen unterhalten: Einige berichten über ihre Eindrücke und Erfahrungen im Museumsraum, andere sind vielleicht sogar mit einem der Künstler verwandt und erzählen eine Anekdote über ihn, wie eine ältere Dame, die schmunzelnd zu mir sagte: „Das Mädchen auf dem Anker-Bild links neben dem Eingang, das bin ich!“

Der Kontakt mit den Besuchern ist manchmal aber auch herausfordernd: Nicht alle verstehen, weshalb sie ihre grossen Taschen einschliessen müssen oder weshalb das Licht in der Ausstellung nicht stärker eingestellt werden kann. Doch manchmal wird man an der Kasse auch beschenkt, mal mit einem netten Gespräch oder einer lustigen Kinderzeichnung, mal mit Schokolade, weil man die liegengelassene Brille einer Besucherin sicher aufbewahrt hat.

Die vielfältige Arbeit war während meines Studiums ein guter Ausgleich. Von Vorteil war auch der Einblick in die Abläufe im Kunstmuseum, dass ich das Team kennengelernt und Hintergründe zu den neusten Ausstellungen aus erster Hand, durch die Mitarbeiterführungen der KuratorInnen, erhalten habe. Der Arbeit an der Kasse habe ich einiges zu verdanken, auch weil man dort mein Interesse an der kuratorischen Arbeit bemerkte und ich nun eine neue Aufgabe im Kunstmuseum Bern übernehmen kann. Doch aus Erfahrung kann ich sagen, dass ich auch als wissenschaftliche Volontärin (glücklicherweise) weiterhin auf meine KollegInnen an der Kasse angewiesen sein werde.

Veröffentlicht unter Blick hinter die Kulissen
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Hannah Rocchi

Hannah Rocchi ist Kunsthistorikerin und absolvierte diesen Sommer ein Internship am Vera List Center for Art and Politics in New York City. Zuvor arbeitete sie sechs Jahre lang am Kunstmuseum Bern, erst als Mitarbeiterin der Museumskasse, zuletzt als wissenschaftliche Assistentin von Kurator Daniel Spanke.

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