Publiziert am 15. August 2018 von République Géniale

Countdown:
Noch 2 Tage bis zur Ausrufung der Republik

Ab 17. August 2018 wird im Kunstmuseum Bern die Republik ausgerufen und zwar die geniale Rebublik! Diese basiert auf einer Idee des französischen Künstlers Robert Filliou und entsteht immer dann, wenn sich freie Geister treffen und austauschen, Kunst und Denken Grenzen überschreiten und das Kind in uns zum Spielen kommt.

Das Kurator*innen-Team der République Géniale stellt in einem kurzen Interview seine Überlegungen vor und skizziert, was in den nächsten drei Monaten zu erwarten ist.

Interview mit Paula Sansano

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Welchen Bereich hast du in der République Géniale kuratorisch/organisatorisch betreut?
Ich habe im performativen Programm TEACHING & LEARNING mitgearbeitet und bei LIVE ART und EAT ART, wenn immer szenographische Themen aufgetaucht sind. Entscheidend für die Zusammenarbeit war das Aufweichen der einzelnen Bereiche, um so die Schwarmintelligenz nutzen zu können. Nur so konnten wir einen interdisziplinären Archipel einrichten.

Was beinhaltet das? Welche künstlerischen Beiträge kommen durch dich dazu?
Die Arbeit für die Szenographie betrifft das gesamte Projekt und beginnt damit, den Ausstellungsraum und die Aussenplätze auf der Hodlerstrasse zu organisieren und die Räume zu verteilen. Dabei gilt es die Bedürfnisse aller Kurator*innen, der Museumstechnik, der Signaletik etc. und der zukünftigen Besucher*innen zu berücksichtigen. Es ist eine systemische Aufgabe. Dazu kommt die Zusammenarbeit mit Behörden, Handwerker*innen, Künstler*innen etc. Schliesslich gilt es die Kosten- und Terminplanung einzuhalten. Wir sind stark auf den Atelier-5-Bau eingegangen, haben ihn von überflüssigen Wände befreit und den zentralen Raum im Erdgeschoss rund um die Treppenhalle zum Poïpoïdrom, einem Schauplatz mit Ereignischarakter nach Robert Filliou und dem Architekten Joachim Pfeufer, erklärt. Die abgebrochenen Wände haben wir zu tiefen Sitzbänken umgebaut. Robert Filliou betonte, dass die République Géniale einen Meter über dem Boden schwebe. Auf dieser metaphorischen Höhe entsteht das ideale Klima für die «création permanente», ohne gedankliche und praktische Schranken.

Das raum-zeitliche Territorium der République Géniale hat das Format eines Archipels: Das Poïpoïdrom mit seiner zentralen Plattform (L 7.5m x B 6m) ist die Hauptinsel, um die sich die Studiolos 1–4 anordnen. Dazwischen bewegen sich die Besucher*innen Künstler*innen und andere Teilnehmer*innen frei umher. In den Räumen rund um den zentralen Platz sind also Studiolos aufgereiht: Die ursprünglichen Kabinette werden zu Klassenzimmern und bieten Rückzugsorte für das Lehren und Lernen. Keine Regel ohne Ausnahme: Die Raumabfolge der Studiolos wird von der Ausstellung eines Künstlerkollektivs unterbrochen. Alle anderen Kollektive haben ihre Ausstellungsflächen im Obergeschoss zugewiesen bekommen. Während die Studiolos nach unterschiedlichen Kriterien möbliert wurden, habe ich nach der Raumaufteilung keinen Einfluss mehr auf die Ausstellungsräume der Kunstkollektive genommen.

Auf der Hodlerstrasse haben wir für EAT ART zudem eine Küche eingerichtet. Den Container wurde uns zur Verfügung gestellt und wir haben ihn ausgebaut. Im Museumsgraben werden wir mit einer Gruppe ehrenamtlicher Männer und Frauen, die sich der anspruchsvollen Pioniertechnik verschrieben hat, ein Sarasanizelt aufbauen: Wir nennen es learning by building. Der «Gegenstand der Erkenntnis» besteht bei Filliou aus den anspruchslosesten Materialien. In unserem Fall sollen folglich Seile und Blachen ausreichen. Schliesslich werden 17 Plakatständer aufgereiht, die Permutation der Buchstaben ergibt «République Géniale». Zwei Fahnen, auf denen der einäugige Würfel aus Fillious Werk Eins. Un. One zu sehen ist, schiessen Fahnenschwinger zur Eröffnung in die Höhe, auf den Terrassen zwischen dem Stettlerbau und dem Atelier-5-Anbau hissen wir zwei weitere Fahnen. Sowohl das Sarasanizelt, als auch die Plakatständer und Fahnen zeigen den fliessenden Übergang von der Szenographie zur kuratorischen Arbeit.

Fillious ästhetisches Grundprinzip war die «permanente Kreation», das Fliessen von Ideen, die auf kein Ziel hinauslaufen. Das Denken in Kategorien haben wir abgelegt, nicht aber den intensiven Austausch unter den Kurator*innen. So sind die Ideen am Ende nicht mehr klar zuzuordnen. Kuratorisch im wesenhaften Sinn habe ich vor allem das Studiolo 2 + 3 betreut, die Zusammenarbeit mit Architekturstudierenden implementiert und am Symposium «Ein Meter über dem Boden» mitgearbeitet. Aus meiner kuratorischen Tätigkeit im Affspace Bern kenne ich den argentinischen Architekten Martin Huberman, ihn haben wir eingeladen, um sich mit der architektonischen Urform des Studiolos auseinanderzusetzen. Ausgehend vom berühmten Studiolo des Grossherzogs Francesco I de’Medici im Palazzo Vecchio in Florenz hat Huberman eine architektonisch-künstlerische Neuinterpretation geschaffen. Er präsentiert jedoch keine zeitgenössische Version, sondern einen potenziellen Denkraum, der die Architektur selbst und das Ephemere zum Thema hat.

Inwiefern haben diese direkt oder indirekt etwas mit Robert Filliou zu tun?
Es war uns wichtig, Parallelen von Fillious Arbeiten in zeitgenössischen Diskursen zu suchen und sich spielerisch und assoziativ seinem Werk zu nähern. Für mich gilt dazu die Aussage Fillious: «In den späten fünfziger und in den sechziger Jahren, als sich niemand dafür interessierte, was wir gerade machten, habe ich auf die Frage, was ich mache, immer geantwortet: ‚Nun gut, ich habe es nicht eilig, ich arbeite für das Jahr 2000, in dem vielleicht einige der Ideen und Konzepte, mit denen wir jetzt arbeiten, gebraucht werden.‘ Seit kurzem sage ich, dass ich für das Jahr 3000 arbeite.»

Was war das Schöne oder das Schwierige an deiner Arbeit?
Robert Filliou und sein Werk zu entdecken, gemeinsam mit meinen Kollegen und Kolleginnen aus dem Kuratorium die République Géniale 2018 zu erfinden, die Kommission der Hauptstadtkultur von unserem Vorhaben überzeugt zu haben und das Glück am Ende «Architektur» auf allen Ebenen vertreten zu sehen. Schwierig war die Unberechenbarkeit des Prozesses: Wer kann schon abschätzen, wie lange es dauert eine République auszurufen, geschweige denn sie zu planen. Die «création permanente 2.0» heißt auch über 1’000 Emails (!) zu beantworten und zudem verschiedene Arbeitsweisen zu vereinbaren, die nicht immer der effizienten Verständigung geschweige dem Projekt dienen.

Wie hast du deine kuratorische/organisatorische Rolle verstanden?
Integrativ und positiv verstärkend.

Auf was freust du dich ganz besonders in den kommenden drei Monaten?
Auf die Verflechtung aller Positionen, Dialog, Verständigung, Erkenntnis.

Was wünschst du dir, was das Publikum für sich mitnimmt?
Um es mit Fillious Worten zu sagen: «L’art est ce qui rend la vie plus intéressante que l’art.»

Das gesamte Programm der République Géniale ist unter www.republiquegeniale.ch online

Veröffentlicht unter Allgemein, République Géniale
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République Géniale

Anhand dieser Blogartikel, Interviews und Videos von und mit den Beteiligten wird fortlaufend dokumentiert und reflektiert, was in der «République Géniale» stattfindet.

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