Publiziert am 8. November 2016 von Regula Berger

Alles an seinem Platz. Zum Aufbau der Ausstellung LIECHTENSTEIN. Die Fürstlichen Sammlungen

Am kommenden Freitag eröffnet die Ausstellung “LIECHTENSTEIN. Die Fürstlichen Sammlungen” im Kunstmuseum Bern. Dann hängt jedes Werk an seinem Platz, jedes Objekt steht am richtigen Ort, die Vitrinen sind zurechtgerückt, die Werkschilder platziert und die Wandbeschriftungen montiert. Bis dahin gab es aber allerhand zu tun. 

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Die Ausstellungsräume werden gestrichen.

Am Anfang stehen leere Räume. Die Farbe, Löcher und Striemen an den Wänden zeugen von der vorhergehenden Ausstellung, die nun abgebaut ist, die Werke – sicher verpackt in Kisten – auf dem Weg zurück zu den Leihgebern. 18 Räume und zwei Vorräume sind für die neue Ausstellung mit Werken aus den Sammlungen des Fürsten von und zu Liechtenstein vorzubereiten. Wände müssen abgerissen und anderswo wieder aufgebaut werden, rote Flächen werden zu blauen, während weisse nun in einem Safrangelb leuchten. Es wird gehobelt, geschliffen und vermessen, Vitrinen geschreinert, Glas geschnitten und Podeste gebaut. Innerhalb von nicht einmal zwei Wochen werden das Erd- und Obergeschoss des Neubaus im Kunstmuseum Bern für eine würdige Ankunft der in Bern erwarteten Werke vorbereitet.

Die Fürsten von Liechtenstein sammeln seit über 400 Jahren mit grosser Leidenschaft Kunstwerke, die Bestände der Sammlungen reichen von der Gotik und Frührenaissance über die Barockzeit bis hin zum Biedermeier. Heute finden sich darin nebst rund 1700 Gemälden auserlesene italienische Bronzen, Pietra Dura-Arbeiten, Emaillen, Elfenbeinen, Prunkwaffen, Porzellane, Tapisserien, Möbel, Kunsthandwerk und Bücher. Aus diesen immensen Beständen wurden für die Ausstellung in Bern über 200 Kunstwerke ausgewählt.

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Transportkisten soweit das Auge reicht.

Während dreier Tage werden die Kunstwerke, verstaut in teils enormen Klimakisten, in Lastwagen von professionellen Kunsttransporteuren angeliefert. In einem logistischen Kraftakt wurde bereits vor der Ankunft definiert, welche Kiste in welchen Ausstellungsraum zu stehen kommt. Einerseits sollen die Wege der ausgepackten Kunstwerke an ihren vorgesehenen Platz möglichst kurz sein, andererseits dürfen herumstehende Kisten keine Durchgänge blockieren. Rechtzeitig müssen Arbeitstische inklusive Beleuchtungen, Werkzeug und Hängematerial, wie etwa Schraubhaken, Dübel, und Schwerlasthängeeinrichtungen, bereitgestellt und Hebegeräte organisiert werden. Ein reibungsloser Ablauf muss bei so knapper Zeit unbedingt gewährleistet sein.

Der Aufbau der Ausstellung beginnt elf Tag vor der Ausstellungseröffnung an einem Montag. Gearbeitet wird in drei Teams, bestehend aus jeweils mehreren Arthandlern, einer Restauratorin oder einem Restaurator, sowie einem Kurier oder einer Kurierin der Fürstlichen Sammlungen aus Wien, die den Aufbau begleiten und die Werke auf ihren Wegen begleiten.

Und dann ist es soweit. Die Kisten werden geöffnet und wir können einen ersten Blick auf das lang ersehnte originale Kunstwerk darin werfen. Der Moment des Innehaltens und Staunens dauert leider viel zu kurz. Die Zeit drängt und die Objekte müssen gestellt und gehängt werden. Nachdem die Restauratoren den Zustand der Werke überprüft haben, werden sie so im Raum verteilt, wie es auf den Plänen der Ausstellungskuratoren seit Langem festgehalten ist. Nicht selten werden bei diesem Prozess wohl durchdachte Pläne wieder verworfen. Einmal passen zwar die Sujets, nicht aber die Rahmen der Bilder zueinander, ein andermal ist die Wand nun doch ein Stück zu kurz, oder das Kunstwerk ein bisschen zu breit. Die Auseinandersetzung mit der Präsentation ist intensiv und nervenaufreibend, aber vor allem ist sie bereichernd. Die Meinungen gehen mitunter auseinander, Ideen, die sich in den Köpfen festgesetzt haben, sind oft nur schwierig aufzulösen. Rege Diskussionen darüber, ob ein Bild nun mehr rechts, mehr links oder am Ende sogar anderswo hängen soll, werden geführt. Solche Konfrontationen bei der Ausstellungsgestaltung sind wichtig. In diesem Fall ist es das Zusammenspiel der jahrelangen Erfahrung des Wiener Teams im Umgang und bei der Präsentation der Kunstwerke und die unbelastete Sicht auf die Werke der Berner Kuratoren, die der Präsentation schliesslich ihren Charakter verleihen werden.

Ist die Position dann festgelegt, werden die Werke sogleich an die Wand gehängt oder in den Vitrinen arrangiert, wobei jedes Objekt abermals minutiös untersucht und protokolliert wird. Es gibt Objekte, die sind im Nu an der Wand, es gibt solche, für die bei der Hängung aufgrund des enormen Gewichts mehrere Mann gebraucht werden und bei den Tapisserien muss sogar eine Hebebühne her. Während Gemälde um Gemälde die Räume ausfüllen, werden vor Ort für die auszustellenden Bücher Masse genommen und Kartonwiegen hergestellt, damit das alte, fragile Papier geschützt und Buchrücken nicht belastet sind.

Zwischendurch gibt es immer mal wieder eine Notfallübung, die es auszustehen gilt. Der Fallfehler, der sich in der Wandbeschriftung trotz wiederholtem Korrekturlesen (durch mehrere Personen) eingeschlichen hat, muss schnellstmöglich korrigiert werden. Die Höhe einer Vitrine muss ausgeglichen werden, weil ein Buch aus restauratorischen Gründen nun doch ein Stück höher gestellt werden muss, als bisher angenommen. Die Ständer für die Präsentation des Porzellans müssen aus dem Zoll herausgelöst werden, wo sie aus nicht ersichtlichen Gründen hängen geblieben sind.

Nun hängen die Bilder an den Wänden, die Objekte sind gestellt und die Werkschilder sind montiert. Es bleibt, die Lichter auszurichten, damit die Werke erstrahlen, letzte Justierungen vorzunehmen, ein paar wenige fehlerhafte Werkschilder auszutauschen, letzte Klebebänder zu entfernen, Scheiben zu polieren und Böden zu wischen. Es gibt viel zu tun, bis alles an seinem Platz ist. Bald ist es soweit und wir freuen uns auf die Eröffnung.

Die Ausstellung «LIECHTENSTEIN. Die Fürstlichen Sammlungen» wird am Freitag 11. November 2016 eröffnet und dauert bis am 19.03.2017

 

Veröffentlicht unter Allgemein, Blick hinter die Kulissen
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Autor

Regula Berger

Regula Berger hat Rechtswissenschaften an der Universität Bern studiert und 2008 mit einer Arbeit im Bereich Kunstrecht promoviert. 2009 folgte ein Semesterstudium „Art & Business“ am Sotheby’s Institute of Art in London und von 2014 bis 2016 ein Postgraduate Studium „Museum and Gallery Studies“ an der School of Art History, University of St Andrews, Schottland. Seit 2010 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin und Kuratorin im Kunstmuseum Bern, nachdem sie zuvor mehrere Jahre als Anwältin tätig war.

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