Picasso, Klee, Kandinsky: Eine Kunstsammlung in Mürren
Wussten Sie, dass der Berner Sammler Hermann Rupf Ende der 1930er Jahre die wichtigen Werke seiner Kunstsammlung nach Mürren transportierte und fortan in seiner Ferienwohnung einlagerte? Darunter befanden sich Werke von Kandinsky und Klee, aber auch von Derain, Picasso, Braque, Gris und Léger. Rupfs wählten Mürren ganz bewusst: Vor dem Hintergrund des drohenden Krieges schien ihnen der in der Höhe gelegene, und nur mit öffentlichem Verkehr erreichbare Winterkurort geradezu ideal und für die Aufbewahrung ihrer Sammlung sicherer als die Bundeshauptstadt.
Hermann Rupf wusste um die Risiken, die durch die politischen Wirren, allenfalls gar mit einem Kriegsausbruch, auch seine Kunstsammlung treffen könnten. Schliesslich hat er hautnah miterfahren, wie der befreundete Kunsthändler Daniel-Henri Kahnweiler seine Sammlung während des ersten Weltkrieges verloren hatte. Dieser kam 1914 auf Einladung Rupfs nach Bern, wo er die Kriegsjahre verbrachte. Während des Berner Exils wurde die Sammlung des Galeristen in Paris konfisziert und nach Kriegsende versteigert.
Erst waren Rupf’s nur auf Besuch in Mürren bei Freunden im Chalet Clementine im Wintertal. 1938 konnten Hermann und Margrit Rupf eine Wohnung im Chalet Schönbühl bei der Familie von Allmen zur Dauermiete übernehmen, was ihnen jeweils längere und mehrmalige Aufenthalte im Kurort pro Jahr ermöglichte. Bad und Küche wurde nach ihren Wünschen ausgestattet. Die Wohnung wurde mit altem Mobiliar, Geschirr und Besteck aus Rupfs Wohnhaus an der Brückfeldstrasse in Bern eingerichtet und hatte eine Kohlen-Zentralheizung sowie einen Telefonanschluss. Die Ferienwohnung mit Balkon verfügte über ein Wohn-/Esszimmer, ein Schlafzimmer, ein Gästezimmer mit Doppelbett sowie einem Zimmer für die Haushalthilfe. Die wertvollsten Bilder wurden von der Berner Stadtwohnung sofort ins Schönbühl verlegt. In einem der Zimmer wurde ein spezieller Schrank für graphische Blätter installiert. Rupf’s mieteten die Wohnung bis 1961. Bei der Räumung waren ausser ein paar wenigen graphischen Blätter kaum mehr Kunstwerke vorhanden. Ein Grossteil der Werke ging in den Jahren zuvor zurück in die Berner Adresse und war ab 1954 bereits Teil des Stiftungsgutes, das schliesslich als Dauerleihgabe ans Kunstmuseum Bern überführt worden ist.
Während ihrer Mürren-Aufenthalte empfingen Rupf’s regelmässig Freunde und Bekannte. Der mit Rupf eng befreundete Pariser Kunsthändler Daniel-Henry Kahnweiler stattete dem Sammlerpaar fast jährlich einen Besuch in Mürren ab. Auch das Ehepaar Kandinsky besuchte Rupf’s in Mürren, die natürlich positiv auf die scheue Anfrage reagiert haben.
Zitat aus dem Brief von Wassily Kandinsky an Hermann Rupf vom 4.2.1937:
„[..] Aber unegoistisch freuen wir uns sehr, dass Sie und Ihre werte liebe Frau in die Berge gehen (schon morgen!), wo Sie sich bestimmt auf die angenehmste Weise erholen werden. Da wir selbst mal wieder etwas auf Schnee herumspazieren möchten, so hoffen wir Sie in Mürren zu besuchen, falls Sie nicht eine volle Einsamkeit vorziehen. Wollen Sie so lieb sein, uns ganz offen zu sagen, wie Sie sich zu diesem eventuellen Besuch stellen würden? Sie könnten mir nach hier schreiben, oder p.A. der Kunsthalle. Meine Frau und ich ziehen in solchen Fällen immer die strengste Einsamkeit vor und würden Sie also vollkommen und innerlich gut verstehen. Wir gedenken, 4 – 6 Tage im Gebirge zu verbringen, werden wohl am 22. oder 23. hinfahren und könnten uns also nach der Rückkehr nach Bern dort treffen. Sie schreiben allerdings „Vielleicht kommen Sie auch für einige Tage nach Mürren?“ Wenn Sie also andrerseits uns nicht ungern in Mürren wissen würden, bitte ich um Angabe eines netten Hotels mit fliessendem Wasser etc. Aber nochmalige Bitte: ganz offen! [..] „
Mehr zu Hermann und Margrit Rupf und Mürren bis zum 30.11.2015 in der Ausstellung „Picasso, Klee, Kandinsky: Eine Kunstsammlung in Mürren“ im Hotel Regina in Mürren (Siehe dazu www.minimuseummuerren.ch).
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Schlagwörter: Sammlung