Publiziert am 22. November 2013 von Daniel Spanke

475 kg verpackte Bronze werden angeliefert – Germaine Richier kommt ins Kunstmuseum Bern

Die Vorbereitungen zur Ausstellung „Germaine Richier. Retrospektive“ laufen auf Hochtouren. Vor allem die Transporte der empfindlichen Plastiken sind eine grosse Herausforderung. Mehrere tausend Kilo Bronze von zum Teil enormen Ausmassen sind logistisch zu bewältigen.

Das grösste Werk, das zu uns kommt, ist ein wahres Gebirge: „La Montagne“, eine Arbeit, die Germaine Richier 1955/56 schuf und das schon fast ganz abstrakt erscheint. Es kam in drei Teilen – jeweils in gewaltigen Kisten verpackt –, die sich gar nicht einfach so einander zuordnen liessen, dass das Werk aufgebaut werden konnte. Die Kraft mehrerer Techniker, die geübt sind im Handling empfindlicher Kunstwerke, war dazu nötig. Jedes Werk wird im Anschluss an das Auspacken von unseren Restauratorinnen eingehend geprüft und der Eingangszustand genauestens protokolliert. Das ist notwendig, damit nachvollzogen werden kann, wann und wo eventuelle Schäden entstanden sind. Unsere Restauratorinnen müssen die Plastiken auch deshalb so eingehend begutachten, damit sie den Technikern Hinweise geben können, wie ein Werk anzufassen, zu heben und zu bewegen ist, damit eben keinerlei Schäden entstehen.

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Aufbau eines Berges.

In der Ausstellung wird „La Montagne“ mit einem Gemälde Ferdinand Hodlers, „Das Jungfraumassiv von Mürren aus“ von 1911, in Dialog treten. Holders Gemälde  wollen wir an die Wand hinter „La Montagne“ hängen. Eine solche Zusammenstellung ist natürlich immer auch ein Experiment. Ich selbst bin gespannt, wie die beiden Werke, die von ihrer Entstehungszeit her fast ein halbes Jahrhundert auseinander liegen, zusammen wirken werden. Aber schon Hodler hat die Massen seines Gebirges malerisch in einzelne Bildelemente aufgelöst. Auf diesem Weg der Abstraktion, der Formwerdung von Naturgebilden, ist Germaine Richier weitergeschritten. Auch ihr „Gebirge“ ist in gleichsam „kämpfende Formen“ aufgelöst, die künstlerisch ganz auf der Höhe ihrer Zeit der 50er Jahre stehen. So hoffe ich, dass „das Gespräch“ dieser beiden Werke über ihre Entstehungszeit hinweg gelingt und anregend ist.

Auf einen weiteren Gast aus der Kunsthalle Mannheim, die die Ausstellung im Anschluss nächstes Jahr übernehmen wird, habe ich mich ganz besonders gefreut. Francis Bacons fulminantes Gemälde „Pope II“ aus dem Jahre 1951 darf erstamls seit ungefähr zehn Jahren und sehr ausnahmsweise die Kunsthalle Mannheim verlassen. Wir hängen es in einen Raum mit Werken Richiers, in dem es um die Beziehung der Künstlerin zum Existenzialismus geht. Beide Künstler, Bacon und Richier sind immer wieder in diesem Zusammenhang diskutiert worden. Das überaus wertvolle Gemälde kam in einer besonders ausgestatteten Kiste, die das Klima, mit dem es in Mannheim eingepackt worden ist, 24 Stunden halten kann. Das Werk muss in dieser Kiste bei uns über Nacht stehen bleiben, damit es sich langsam an das andere Klima in Bern gewöhnen kann. Diese Akklimatisation ist zwingend notwendig, will man Schäden durch zu schnelle Temperatur- oder Luftfeuchtigkeitsänderung verhindern. Das Auspacken dauerte auch hier circa eine halbe Stunde, dann konnte das Werk sorfältig begutachtet werden, um zu sehen, ob sich auf dem Transport von Mannheim etwas verändert hat. Dazu wird das Mannheimer Ausgangsprotokoll, dass die Kuratorin Stefanie Patruno als Begleitung des Gemäldes mitgebracht hatte, mit dem Jetzt-Zustand verglichen, alles protokolliert und die Protokolle dann unterschrieben.

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Der Bacon an seinem Platz.

Schon im Vorfeld hatten wir eine eigene Wand für das Gemälde vorgesehen und konnten uns nun überzeugen, wie hervorragend es in die Ausstellung passt. Die Arbeiten von Germaine Richier, die wir in diesem Raum aufgestellt haben, begegen Bacons „Papst“ künstlerisch vollkommen „auf Augenhöhe“. Der Papst, in einem Käfig aus Linien so gesichert wie gefangen, korrespondiert auf sehr überraschende Weise mit den Figuren Richiers, die ebenfalls Linienfiguren aus Drähten um sich herum aufpannen. Aber überzeugen Sie sich davon am besten selbst, wenn unsere Ausstellung ab nächte Woche Freitag eröffnet ist. Am Ende jenes Aufbau-Tages war ich jedenfalls sehr froh und glücklich, die letzten drei Werke der Ausstellung wohlbehalten arrangiert zu haben.

Veröffentlicht unter Blick hinter die Kulissen
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Autor

Daniel Spanke

Seit 2012 ist Daniel Spanke Kurator für Ausstellungen am Kunstmuseum Bern. Davor war er unter anderem Leiter der Kunsthalle Wilhelmshaven, Kurator des Kunstmuseum Stuttgart und von 2010-2012 Leiter Museum Haus Dix in Hemmenhofen.

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